Definition: Rechnungsabgrenzungsposten

Rechnungsabgrenzungsposten (kurz RAP) weist ein Unternehmen auf der Aktivseite und auf der Passivseite der Bilanzseite aus. Demzufolge unterscheidet das Bilanzsteuerrecht die passive und die aktive Rechnungsabgrenzung.

Rechnungsabgrenzungsposten spielen nur eine Rolle, wenn das Unternehmen seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt. Mit den Rechnungsabgrenzungsposten in der Bilanz soll eine periodengerechte Zuordnung erfolgen. Sie sind dann zu bilden, wenn das Unternehmen im laufenden Geschäftsjahr Aufwendungen getätigt oder Einnahmen erzielt hat, die regulär dem darauffolgenden Geschäftsjahr zugerechnet werden müssen. Sobald die Buchhaltung für das Jahr erstellt wird, zu dem der Aufwand gehört, muss die Rechnungsabgrenzung wieder aufgelöst werden.

Beispiel 1: Mietzahlung als aktive Rechnungsabgrenzung

Ein gewerbetreibender Unternehmer zahlt monatlich 1.000 Euro für eine Lagerhalle. Die Januarmiete für das Jahr 2020 begleicht er schon im Dezember 2019. Bilanzrechtlich gehört dieser Aufwand in das nachfolgende Geschäftsjahr. Im Jahr 2019 darf sich die Mietzahlung noch nicht gewinnmindernd auswirken. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, bildet der Unternehmer einen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten. Der dazugehörige Buchungssatz lautet wie folgt:

ARAP 1.000 Euro an Bank 1.000 Euro

Im Rahmen der Buchführung für den Januar 2020 löst das Unternehmen die aktive Rechnungsabgrenzung wieder auf, indem es die Mietzahlung in den Aufwand bucht. Der Buchhalter führt die folgende Buchung aus:

Mietaufwand Lagerhalle 1.000 Euro an ARAP 1.000 Euro

Die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sieht vor, dass ein buchführungspflichtiges Unternehmen von der Bildung eines Rechnungsabgrenzungspostens absehen kann, wenn der Betrag unterhalb der Grenze von 410 Euro liegt.

Für nicht buchführungspflichtige Unternehmer haben Rechnungsabgrenzungsposten keine Relevanz. Wer seinen Gewinn durch Gegenüberstellung von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben ermittelt, muss das Zu- und Abflussprinzip des § 11 EStG beachten. Dies bedeutet, Einnahmen sind zu erfassen, wenn sie dem Unternehmer zufließen. Analog werden die Ausgaben im Zeitpunkt ihres Abflusses berücksichtigt.

Beispiel Rechnungsabgrenzungsposten
Beispiel Rechnungsabgrenzungsposten

Welche Arten von Rechnungsabgrenzungsposten gibt es?

Das Bilanzsteuerrecht unterscheidet folgende Arten von Rechnungsabgrenzungsposten:

  • Aktive Rechnungsabgrenzung
  • Passive Rechnungsabgrenzung

Aktive Rechnungsabgrenzung (ARAP)

Mit der aktiven Rechnungsabgrenzung berücksichtigt ein Unternehmen die betrieblichen Aufwendungen, die wirtschaftlich in das Folgejahr gehören. Durch die Buchung in den ARAP wirken sich die Kosten im alten Jahr noch nicht gewinnmindernd aus. Das Unternehmen transferiert sie in das Folgejahr.

Eine Besonderheit, die ein Buchhalter im Zusammenhang mit dem ARAP zu beachten hat, ist der Vorsteuerabzug. Sind die anderen umsatzsteuerrechtlichen Voraussetzungen erfüllt, kann er den Vorsteuerabzug im Jahr der Rechnungsstellung – also im alten Geschäftsjahr – geltend machen. Problematisch wird dies bei einer Mietzahlung, auf die der Vermieter Umsatzsteuer erhebt. Dem Mietverhältnis liegt ein Mietvertrag zugrunde. Bezüglich des Vorsteuerabzugs kann sich der Mieter auf keine ordnungsgemäße Rechnung stützen. Deshalb muss er die Miete ohne Vorsteuerabzug als ARAP erfassen. Seine Vorsteuerabzugsberechtigung setzt er durch, indem er die Vorsteuer im alten Jahr auf das entsprechende Konto in der Finanzbuchhaltung erfasst.

Beispiel 2: Typische Fälle der aktiven Rechnungsabgrenzung

Zu den typischen Beispielen der aktiven Rechnungsabgrenzung gehören neben einer Mietzahlung die folgenden Aufwendungen:

  • Betriebliche Versicherungsbeiträge
  • Vorschüsse auf Lohn- und Gehaltszahlungen
  • Leasingzahlungen

Passive Rechnungsabgrenzung (PRAP)

Die passive Rechnungsabgrenzung berücksichtigt die Erträge eines Unternehmens, die es im alten Geschäftsjahr erzielt. Das Bilanzsteuerrecht rechnet diese Erträge aber wirtschaftlich dem nachfolgenden Geschäftsjahr zu. Für die Umsatzsteuer gilt die gleiche Regelung wie für den Vorsteuerabzug. Dies bedeutet, das Unternehmen muss sie in dem Jahr abführen, in dem sie die Rechnung an den Kunden gestellt hat. Die Zahlung ist für die Behandlung der Umsatzsteuer demnach unmaßgeblich.

Beispiel 3: Typische Fälle zur passiven Rechnungsabgrenzung

Zu den typischen Fällen der passiven Rechnungsabgrenzung zählen die folgenden Erträge, wenn sie im alten Jahr vereinnahmt wurden, aber wirtschaftlich in das Folgejahr gehören:

  • Mieteinnahmen
  • Zinserträge
  • Sonderzahlungen für ein Leasing
  • Monatliche Erlöse (z.B. aus einem Abonnement)

Abgrenzung: Transitorische und antizipative Rechnungsabgrenzungsposten

Bei der Rechnungsabgrenzung unterscheidet das Bilanzsteuerrecht transitorische Rechnungsabgrenzungsposten und antizipative Rechnungsabgrenzungsposten.

Bei der transitorischen Rechnungsabgrenzung erfolgt der Geldzufluss oder der Geldabfluss vor dem Tag, für den die Bilanz des laufenden Geschäftsjahres aufzustellen ist. Die dazugehörige Leistung erbringt das Unternehmen erst in dem darauffolgenden Geschäftsjahr.

Die antizipative Rechnungsabgrenzung funktioniert genau umgekehrt. In diesem Fall erbringt das Unternehmen die Leistung im alten Geschäftsjahr. Die dazugehörige Einnahme oder Ausgabe berücksichtigt der Buchhalter erst in dem darauffolgenden Jahr. Zu den antizipativen Rechnungsabgrenzungsposten zählen z.B. die sonstigen Verbindlichkeiten und die sonstigen Forderungen.

Sonstige Verbindlichkeiten – z.B. eine Umsatzsteuernachzahlung – wirken sich erst nach dem Bilanzstichtag als Ausgaben aus. Sie stellen aber einen Aufwand dar, der im abgeschlossenen Geschäftsjahr bereits erfolgt ist.

Sonstige Forderungen – z.B. das Körperschaftsteuerguthaben einer GmbH – erfasst der Buchhalter erst nach dem Bilanzstichtag als Einnahme. Sie stellen aber einen Ertrag dar, der wirtschaftlich dem abgelaufenen Geschäftsjahr zuzurechnen ist.

Buchhalterische Behandlung der Rechnungsabgrenzung

Bevor ein Buchhalter die aktive Rechnungsabgrenzung buchen kann, muss er sie genau berechnen. In den Posten »ARAP« dürfen nur die Aufwendungen eingestellt werden, die sich im laufenden Geschäftsjahr nicht gewinnmindernd auswirken dürfen. Der andere Teil der Kosten ist im betrieblichen Aufwand zu erfassen.

Beispiel 4: Versicherungsbeiträge als aktive Rechnungsabgrenzung

Eine Steuerberater-GmbH hat für jeden Anteilseigner eine betriebliche Haftpflichtversicherung abgeschlossen. Der gesamte Beitrag beläuft sich auf jährlich 8.400 Euro. Die GmbH überweist den fälligen Betrag für das Jahr 2019 am 31. August. Zu diesem Zeitpunkt stellt die Zahlung aber nur für die folgenden vier Monate Aufwand dar. Die Versicherungsleistung für die Monate Januar bis August 2018 wurde mit der Beitragszahlung im August 2018 beglichen. Dies bedeutet, dass die Zahlung zu 4/12 Aufwand des laufenden Jahres ist und zu 8/12 in die aktive Rechnungsabgrenzung eingestellt werden muss. Betragsmäßig ergibt sich das Folgende: 2.800 Euro gehören in den Aufwand. 5.600 Euro muss der Buchhalter in der APAP erfassen.

Der Buchhalter der Steuerberater-GmbH muss die folgende Buchung vornehmen:

Haftpflichtversicherung 2.800 Euro und ARAP 5.600 Euro an Bank 8.400 Euro

Analog zur aktiven Rechnungsabgrenzung ist die passive Rechnungsabgrenzung zu buchen.

Beispiel 5: Zinsertrag als passive Rechnungsabgrenzung

Eine GmbH gewährt einem verbundenen Unternehmen ein Darlehen. In dem Darlehensvertrag wurde eine jährliche Zinszahlung von 600 Euro vereinbart. Die Umsatzsteuer braucht in diesem Fall nicht berücksichtigt zu werden, da Zinsen gemäß § 4 Nr. 8 Umsatzsteuergesetz (UStG) steuerfrei sind. Erfolgt die Zinszahlung für das Jahr 2020 bereits im Dezember 2019, muss der Buchhalter folgende Buchung vornehmen:

Bank 600 Euro an passive Rechnungsabgrenzung 600 Euro

Im Jahr 2020 löst das Unternehmen die passive Rechnungsabgrenzung erfolgswirksam auf.

Wann müssen Rechnungsabgrenzungsposten aufgelöst werden?

Die Auflösung einer Rechnungsabgrenzung nimmt ein Unternehmen immer im Folgejahr vor. Mit der Auflösung stellt das Unternehmen sicher, dass der Betrag in dem Jahr gewinnwirksam erfasst wird, in den der Ertrag oder der Aufwand wirtschaftlich gehört. Die Auflösung der Rechnungsabgrenzung nimmt der Buchhalter durch die passende Gegenbuchung vor.

Beispiel 6: Auflösung einer Rechnungsabgrenzung

In dem aktiven Rechnungsabgrenzungsposten eines Unternehmens wurde im Vorjahr eine Mietzahlung von 500 Euro erfasst, die in dem laufenden Jahr erfolgswirksam aufgelöst werden muss. Die entsprechende Gegenbuchung lautet:

Mietaufwand 500 Euro an ARAP 500 Euro

Welche Bedeutung haben Handelsbilanz und Steuerbilanz?

Buchführungspflichtige Unternehmen müssen handelsrechtliche Vorgaben und steuerrechtliche Bestimmungen beachten. Hierbei spielt das sogenannte Maßgeblichkeitsprinzip eine entscheidende Rolle. Das Maßgeblichkeitsprinzip besagt, dass die handelsrechtlichen Vorgaben zur Bilanzierung und zur Bewertung der Bilanzposten auch in die Steuerbilanz übernommen werden müssen. Demnach sind aktive und passive Rechnungsabgrenzungen sowohl in der Handelsbilanz als auch in der Steuerbilanz auszuweisen.

Eine Ausnahme von dieser Regelung kommt zur Anwendung, wenn im Steuerrecht explizit eine andere Regelung getroffen wurde. Dies gilt z.B. für Zölle und Verbrauchssteuern. Handelsrechtlich besteht für diese Posten ein Aktivierungsverbot, wenn die Zahlungen periodengerecht abgegrenzt werden müssen. Im Steuerrecht sieht § 5 Absatz 5 Satz 2 EStG aber vor, dass die Posten in der Steuerbilanz ausgewiesen werden müssen. In diesem Fall weichen die handelsrechtlichen Werte von der Steuerbilanz ab.

Zusammenfassung

  • Ein Unternehmen erfasst eine aktive Rechnungsabgrenzung, wenn es im alten Geschäftsjahr einen Aufwand tätigt, der wirtschaftlich in das Folgejahr gehört.
  • Analog berücksichtigt der Buchhalter einen Ertrag als passive Rechnungsabgrenzung, wenn dem Unternehmen im alten Jahr ein Ertrag zufließt, der wirtschaftlich zum Folgejahr zu rechnen ist.
  • Mit der Rechnungsabgrenzung möchte der Gesetzgeber eine periodengerechte Zuordnung von Aufwendungen und Erträgen erzielen.
  • Die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sieht vor, dass ein Unternehmen weder eine aktive noch eine passive Rechnungsabgrenzung bilden muss, wenn der Betrag die Grenze von 410 Euro unterschreitet.
  • Für nicht buchführungspflichtige Unternehmen gelten die Buchungsregeln zur Rechnungsabgrenzung nicht. Für Einnahmen und Ausgaben muss das Zu- und Abflussprinzip des § 11 EStG beachtet werden.
  • Zu den typischen Fällen der aktiven Rechnungsabgrenzung zählen z.B. Leasingzahlungen und Mietaufwendungen.
  • Als passive Rechnungsabgrenzung berücksichtigt ein Unternehmen Zinserträge, wenn der Ertrag wirtschaftlich in einen anderen Zeitabschnitt gehört.
  • Bei der Rechnungsabgrenzung sind die transitorischen von den antizipativen abzugrenzen.
  • Bei der Buchung der Rechnungsabgrenzung achtet der Buchhalter darauf, dass sich keine Gewinnminderung (ARAP) und keine Gewinnerhöhung (PRAP) ergibt.
  • Die Buchung einer aktiven Rechnungsabgrenzung zieht ihre Auflösung im Folgejahr nach sich. Praktisch erfolgt die Auflösung durch eine Gegenbuchung, bei dem der Betrag in dem Zeitraum gewinnwirksam erfasst wird, zu dem er wirtschaftlich gehört.
  • Für die Rechnungsabgrenzung ist auch entscheidend, dass die Werte der Handelsbilanz von denen der Steuerbilanz abweichen können.
  • In der Regel bestimmt das Maßgeblichkeitsprinzip, dass die Bilanzierungsansätze und die Bewertungsmaßstäbe der Handelsbilanz auch für die Steuerbilanz gelten.
  • Von diesem Grundsatz weicht das Bilanzrecht jedoch ab, wenn das Steuergesetz eine eigenständige Regelung zur Bewertung oder Bilanzierung vorsieht.
  • Dies ist z.B. der Fall bei Zöllen und Verbrauchssteuern. Handelsrechtlich darf das Unternehmen die Posten nicht in die Rechnungsabgrenzung einstellen. Steuerrechtlich sind sie gemäß § 5 Absatz 5 Satz 2 EStG zwingend in der Steuerbilanz auszuweisen.