Definition: Das Kurs-Gewinn-Verhältnis als grundlegende Kennzahl von Wertpapieren

Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) bezeichnet das Verhältnis vom Aktienkurs zum Gewinn je Aktie, wobei der Aktienkurs zur Berechnung durch den Gewinn pro Aktie geteilt wird. Hieraus ergibt sich ein positiver Wert, insofern das zugrunde liegende Unternehmen einen Gewinn erwirtschaftet. Wird hingegen ein Verlust erwirtschaftet, fällt der Wert negativ aus. Ein Wert von 0 ist rechnerisch nicht möglich. Im Englischen wird vom P/E Ratio (Price Earnings Ratio) gesprochen.

Formel zur Berechnung des KGV

Die Berechnung des KGV ist damit vergleichsweise einfach: Liegt beispielsweise der fiktive Aktienkurs bei 100 Euro und der Gewinn pro Aktie bei 12 Euro, ergibt sich ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 8,5, denn: 100 / 12 = 8,5.

Ein negatives Beispiel bei gleichem Aktienkurs aber einem errechneten Verlust von 10 Euro pro Aktie: 100 / -10 = -10.

Der Gewinn oder Verlust der Aktie, der für die Berechnung des Verhältnis zwischen Kurs und Gewinn herangezogen wird, ergibt sich durch das Dividieren des Gesamtgewinns- oder Verlustes durch die Anzahl der Aktien. Beispielsweise lässt sich der Gewinn je Aktie bei einem angenommenen Gesamtgewinn nach Steuern von insgesamt 2.000.000.000 Euro bei 400.000.000 ausgegebenen Aktien derart berechnen: 2.000.000.000 / 400.000.000 = 5. Bei einem Aktienkurs von 100 Euro ergibt sich somit wiederum ein P/E Ratio von 20.

Interpretation des KGV bei der Fundamentalanalyse

Die ökonomische Kennzahl KGV ist eine der am meisten beachteten Werte bei der Analyse von Aktien und bei der Betrachtung der wirtschaftlichen Lage von Unternehmen. Denn im Grunde sagt dieser Wert aus, wie viele Jahre es dauert, bis der Gewinn eines Unternehmens kumuliert ausreicht, um den der Aktie zugeschriebenen Wert zu erwirtschaften. Die Interpretation des KGV auf diese Art geht allerdings davon aus, dass der Aktienwert und der Gewinn statisch bleiben. Dies ist an Börsen in der Regel aber nicht der Fall.

Zwar ist es so, dass ein steigender Gewinn je Aktie für das Unternehmen das Verhältnis zwischen Kurswert und Gewinn pro Aktie entsprechend senkt. Allerdings bedeuten steigende Gewinne in der Regel eine erhöhte Nachfrage nach einem Wertpapier – was dann auch den Kurst nach oben hin verschiebt. Damit ist die Betrachtung des Kurs-Gewinn-Verhältnisses immer eine Momentaufnahme.

Die Eigenschaft, eine Momentaufnahme zu sein und hochgradig von der Datenlage (veröffentlichte Zahlen seitens des Unternehmens) abzuhängen, teilt der KGV-Wert etwa mit dem Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) oder dem Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV). Deshalb ist die Betrachtung dieses Wertes nur ein Teil der Fundamentalanalyse von Aktien.

Eine andere Interpretation des KGV betrachtet es schlichtweg als Bewertungskennzahl der Aktie. Insgesamt ist hier ein hoher Wert mit anderen Erwartungen verbunden als ein niedriger Wert. Hohe Erwartungen können hierbei durch eine ganze Reihe von Faktoren entstehen. Beispiele sind:

  • ein Hype,
  • ein sehr schnelles prognostiziertes Wachstum,
  • ein sehr schnelles tatsächliches Wachstum,
  • eine Blasenbildung.

Außerdem ist die Höhe des P/E Ratios unter anderem mit der Branche, der Wirtschaftslage, dem Zinsumfeld und vielem mehr verbunden. Diesem Thema soll sich weiter unten noch gewidmet werden.

Aber auch umgekehrt können sehr niedrige P/E Ratios durch eine ganze Reihe von Faktoren zustande kommen. Als da wären:

  • mangelndes Vertrauen in ein Unternehmen trotz guter Zahlen,
  • Rezession,
  • Unbekanntheit einer Aktie.

Das P/E Ratio ist neben dem KBV und der Dividendenrendite eines der am meisten beachteten Bewertungskriterien von Anlegern. Insgesamt sagt die Höhe des KGV-Wertes etwas darüber aus, inwiefern eine Aktie über- oder unterbewertet sein könnte. Es gibt aber – wie eben schon erwähnt – keine definitive Wahrheit, was hier gute (oder angemessene) und schlechte Werte sind. Eine Betrachtung weiterer Kennzahlen, des Marktumfeldes sowie ein Branchenvergleich sind daher unerlässlich. Für Letzteres gibt es in der Regel auch ein Branchen-KGV. Aber auch Index-KGVs, etwa für den DAX, lassen sich problemlos errechnen.

Das Price Earnings Ratio dient Anlegern damit oftmals für einen ersten Überblick und macht zusammen mit dem KBV, der Dividendenrendite und oftmals auch dem Chart die Attraktivität einer möglichen Investition aus. Dies ist aber alles, wie erwähnt, nur ein Teil der Fundamentalanalyse einer Aktie und eines Unternehmens. Weiterführend wäre etwa eine Betrachtung der Gewinnrendite, der Eigenkapitalquote und vieler weiterer Werte für langfristig denkende Anleger angemessen.

Welcher Gewinn beziehungsweise Verlust zur Berechnung herangezogen werden kann

In den allermeisten Fällen erschwert die Interpretation des KGV die Tatsache, dass oftmals nicht ganz klar ist, welcher Gewinn oder Verlust zur Berechnung herangezogen wurde. Während es allgemein üblich ist, immer das Jahresergebnis nach Steuern und Abgaben zu betrachten, gibt es keine Vereinheitlichung bezüglich dessen, ob ein in der Vergangenheit gesicherter Wert (beispielsweise das Gesamtergebnis des letzten Geschäftsjahres) oder ein erwartetes Jahresergebnis (in der Regel der prognostizierte Gewinn) herangezogen wird. Bei prognostizierten Werten ergibt sich die Schwierigkeit, dass diese auch nur Prognosen sind – Unerwartetes kann dazu führen, dass der errechnete KGV-Wert sich dann als völlig unzutreffend herausstellt.

In den meisten Fällen wird jedoch auf Schätzungen zukünftiger Gewinne zurückgegriffen, wobei hier Quartalswerte etwas mehr Orientierung bieten als Erwartungen ans ganze Jahr. Zumeist wird der gesamte zu erwartende Gewinn des laufenden Geschäftsjahres zugrunde gelegt. Als Analyst einer Aktie kann hier, insofern die Datenlage es zulässt, auf die langfristige Wachstumsrate eines Unternehmens zurückgegriffen werden, um ein durch noch nicht bestätigte Werte berechnetes P/E Ratio hinsichtlich seiner Plausibilität einzuschätzen.

Verzerrungen beim Kurs-Gewinn-Verhältnis durch Sondereffekte

Ausgehend davon, dass es sich beim P/E Ratio immer um eine Momentaufnahme handelt, können teils enorme Verzerrungen durch finanzielle Sondereffekte auftreten. Hierunter sind beispielsweise außerordentliche Erträge oder auch Kosten zu verordnen. Gleiches gilt für Verzerrungen infolge manipulierter Gewinne – etwa durch die Auflösung stiller Reserven.

Aufgrund dieses Problems wurde beispielsweise das sogenannte Shiller-KGV entwickelt. Dieses errechnet – vereinfacht ausgedrückt – ein 10-Jahres-KGV, welches durch die betrachtete Zeitspanne von Sondereffekten bereinigt sein sollte.

Betrachtung des KGV in unterschiedlichen Branchen und Marktphasen

Die Frage, wie ein gutes Kurs-Gewinn-Verhältnis aussieht, beschäftigt Anleger und Ökonomen gleichermaßen. Insgesamt gilt die Devise, dass es lieber niedrig als hoch sein sollte, aber dabei nicht zu niedrig. Doch dann stellt sich schnell die Frage, wann ein KGV zu niedrig ist und warum es überhaupt so gering sein kann.

Ein Blick auf die historische Entwicklung unterschiedlicher Kurs-Gewinn-Verhältnisse gibt zumindest Aufschluss darüber, wann von überzogenen Erwartungen (sehr hoher Wert) und wann von wenig spekulativen Zeiten gesprochen werden kann. Auch der Blick auf verschiedene Branchen hilft dabei, zu verstehen, warum es nicht das eine richtige KGV gibt.

Interessant ist dies beispielsweise bei der Entwicklung des DAX-KGV seit 1980: Lag der Wert hier durchschnittlich bei circa 13, stieg bis 1993 auf über 30 – und brach dann infolge der Wirtschaftskrise (auch als Nachwende-Krise betitelt) auf circa 16 ein. Auch vor Beginn der Weltfinanzkrise 2008 stand das DAX-KGV um 16 herum. Abrupt brach es bis auf 10 und schließlich sogar auf einen Wert von 7,5 ein.

Ähnliche Entwicklungen – also Zusammenhänge zwischen der Höhe der Kurs-Gewinn-Verhältnisse und einer prosperierenden oder auch sich in einer Krise befindenden Wirtschaft – finden sich in allen Aktienindizes.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Optimismus an der Börse zu höheren KGV führt als Pessimismus und Rezession. Extreme Beispiele fanden sich beispielsweise am hochspekulativen sogenannten Neuen Markt – hier betrug das durchschnittliche Kurs-Gewinn-Verhältnis im Jahre 1998 über 80. Das Platzen dieser Blase hat im Nachhinein viele Anleger weiterhin beschäftigt.

Während Marktphasen und Spekulationen enorme Einflüsse auf das Kurs-Gewinn-Verhältnis haben, sind auch branchenspezifische Einschätzungen zu erkennen. Je nach theoretischem Ansatz, kann hier auch vorerst zwischen Value- und Growth-Aktien unterschieden werden.

Value-Aktien sind diese Wertpapiere von Unternehmen, die eine sichere Marktposition haben, finanziell gesund dastehen und ihr Wachstum langsam und sicher fortsetzen. Beispiele sind ein sehr bekannter Limonadenhersteller und eine große US-Amerikanische Bank. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis bei diesen Anteilsscheinen ist in der Regel in Relation zu Growth-Aktien geringer. Es wird also auch weniger erwartetes Wachstum eingepreist.

Growth-Aktien sind hingegen Aktien von Unternehmen, denen viel und schnelles Wachstum zugetraut wird. Es liegt in der Natur der Sache, dass hier die Chance auf eine Blasenbildung am größten ist. Es sind aber auch diese Growth-Aktien, die – insofern die Erwartungen erfüllt werden – die schnellsten Kursgewinne realisieren. Hier ist das Price Earnings Ration entsprechend oftmals viel höher, mitunter dreistellig.

Das KGV ist zudem in Branchen, denen noch ein großes Wachstumspotenzial zugesprochen wird, in der Regel höher. Dies gilt beispielsweise für Tech-Werte, Aktien zu erneuerbaren Energien und digitale Dienstleister. Ob ein Wert nun hoch oder niedrig ist, muss also auch durch einen Vergleich mit dem Durchschnitts-KGV der Branche eruiert werden.

Ein weiterer Effekt, der sich momentan auf die Bewertung von Aktien auswirkt, ist die Niedrig- und Nullzinsphase: Wenn mit Guthaben keine Zinsen mehr erwirtschaftet werden, werden Aktien und andere Geldanlagen automatisch attraktiver, da es hier noch Renditen gibt. Eine höhere Attraktivität von Aktien führt zu einer höheren Bereitschaft, auch „teure“ Aktien zu kaufen.

Wann also das P/E Ratio zu hoch niedrig liegt, lässt sich kaum sagen. Aber feststellen lässt sich, dass es für etablierte Unternehmen in stabilen Marktphasen meistens im Bereich zwischen 8 und 16 lag. Ausschläge nach unten und oben hin sind natürlich möglich.

Zusammenfassung: Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV)

Die Berechnung des KGV erfolgt recht simpel durch ein Teilen des Aktienkurses durch das Ergebnis je Aktie. Der errechnete Wert ist Teil der Fundamentalanalyse von Aktien und eines der am öftesten beachteten Merkmale von Wertpapieren. Viele Faktoren beeinflussen diesen Wert. Er steigt durch:

  • Spekulationen,
  • hohe Erwartungen,
  • gute Wachstumschanzen,
  • niedrige Zinsen,
  • Optimismus.

Er sinkt hingegen durch:

  • Vertrauensverlust,
  • Wirtschaftskrisen,
  • schlechte Quartals- und Jahresergebnisse,
  • Pessimismus.

Das richtige oder falsche Kurs-Gewinn-Verhältnis gibt es nicht. Ein mittlerer Wert, bei dem davon ausgegangen werden kann, dass eine Aktie noch nicht zu „teuer“ ist, ist von der Branche und den Wachstumschancen abhängig. Ein stabiles KGV liegt historisch gesehen allerdings in etwa unter 20, wobei einige Branchen hier ausgeklammert werden müssen.