Definition: Sonderbetriebsvermögen

Eine bilanzierungspflichtige Personengesellschaft (z.B. GbR, OHG, KG) ermittelt ihren steuerlichen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Für die Berechnung des Jahresergebnisses ist es erforderlich, dass das komplette Betriebsvermögen der Personengesellschaft einbezogen wird. Dieses Betriebsvermögen setzt sich aus den folgenden beiden Positionen zusammen:

  • Vermögen der Personengesellschaft (Gesamthandsvermögen)
  • Vermögen, das die einzelnen Gesellschafter in die Personengesellschaft eingebracht haben (Sonderbetriebsvermögen; kurz: SBV)

SBV kann z.B. durch die Vermietung einer Immobilie, die Gewährung eines Darlehens oder die Einlage einer GmbH-Beteiligung entstehen.

Eine rechtliche Grundlage für die Zusammensetzung des Betriebsvermögens findet sich in R. 4.2 II EStR (Einkommensteuerrichtlinien). Hiernach wird das Privatvermögen, das ein Gesellschafter – bei einer Personengesellschaft wird dieser als Mitunternehmer bezeichnet – in die Personengesellschaft einbringt, nach seinem Zweck unterschieden. Dient es dem Betrieb der Personengesellschaft unmittelbar – z.B. ein Verwaltungsgebäude, in dem die Personengesellschaft ihren Sitz hat – handelt es sich um notwendiges Betriebsvermögen (SBV I). Erfüllt die Einlage des Privatvermögens lediglich den Zweck, die Beteiligung des einlegenden Gesellschafters zu stärken, wird dies als gewillkürtes Betriebsvermögen (SBV II) angesehen.

Das Sonderbetriebsvermögen (SBV) eines Mitunternehmers wird nicht direkt in der Bilanz der Personengesellschaft erfasst, sondern in einer eigenen Sonderbilanz ausgewiesen.

Sonderbetriebsvermögen bei einer GbR

Bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) wird das Sonderbetriebsvermögen des einzelnen Gesellschafters separat betrachtet. Dies bedeutet, dass die Vermögenswerte und alle Aufwendungen und Erträge, die mit dem eingebrachten Vermögen des Gesellschafters in Zusammenhang stehen, in einer eigenständigen Sonderbilanz bzw. in einer individuellen Sonder-Gewinn-und-Verlustrechnung erfasst werden müssen.

Beispiel SBV zur GbR

Die drei Gesellschafter Schmitz, Schneider und Müller gründen zum 01. Januar 2019 ein Transportunternehmen in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts.

Zur Unterstützung des Betriebs bringt der Gesellschafter Schneider einen Transporter in das Betriebsvermögen ein, den er kurz vor Gründung der neuen Gesellschaft gekauft hat. Die Anschaffungskosten betrugen 15.000 Euro. Die Finanzierung des Transporters hat Schneider zu 100% aus eigenen Mitteln bezahlt.

Für die Nutzung des Transporters überweist die Gesellschaft bürgerlichen Rechts an Schneider eine monatliche Miete von 350 Euro. Die laufenden Kosten für Reparaturen und Wartung bezahlt Schneider aus eigener Tasche. Im Jahr 2019 betrugen die Kosten insgesamt 1.100 Euro. Wird der Transporter als SBV behandelt, stellen diese Ausgaben Sonderbetriebsausgaben dar.

Da der Transporter der GbR unmittelbar dient, zählt er zum notwendigen SBV I. Die Zuordnung geschieht auf rein steuerlicher Basis. Eigentümer des Transporters bleibt der Gesellschafter Schneider. Die Vermietung ist bilanzrechtlich in einer gesonderten Gewinnermittlung zu erfassen. Um das Sonderbetriebsvermögen zu buchen, werden eine Sonderbilanz und eine Sonder-Gewinn-und Verlustrechnung aufgestellt.

Ebenso wie für die Bilanz der Hauptgesellschaft muss auch für die Sonderbilanz des Gesellschafters Schneider eine Eröffnungsbilanz aufgestellt werden. Auf der Aktivseite der Sonderbilanz zum 01. Januar 2019 wird der Wert des vermieteten Transporters ausgewiesen. Auf der Passivseite wird das Kapital des Gesellschafters mit 15.000 Euro ausgewiesen. Die Sonderbilanz zum Januar 2019 hat das folgende Bild:

Aktivseite

Transporter 15.000 Euro

Passivseite

Kapital Schneider 15.000 Euro

Die Kosten und Erträge, die der Gesellschafter Schneider in dem Jahr aufgewendet bzw. erzielt hat werden in der Sonder-Gewinn- und-Verlustrechnung erfasst. Neben den Kosten für Reparaturen und Wartung in Höhe von 1.100 Euro muss als weitere Aufwendung die Abschreibung auf den Transporter berücksichtigt werden.

Als Ermittlungsgrundlage wird die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer für einen Transporter herangezogen. Diese beträgt laut amtlicher AfA-Tabelle 6 Jahre. Der Abschreibungsbetrag für 2019 ermittelt sich demnach wie folgt:

15.000 Euro / 6 Jahre = 2.500 Euro

Die Aufwendungen werden im Soll der Sonder-Gewinn- und-Verlustrechnung erfasst. Auf der Habenseite werden die Mieteinnahmen aufgeführt. Die Sonder-Gewinn- und- Verlustrechnung sieht zum 31. Dezember 2019 wie folgt aus:

Soll

Reparatur und Wartung 1.100 Euro

Abschreibungen 2.500 Euro

Gewinn 600 Euro

Haben

Mieteinnahmen 4.200 Euro

Sonderbetriebsvermögen und Gewerbesteuer

Erzielt die Personengesellschaft Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 15 Einkommensteuergesetz (EStG) müssen die Sonderbetriebseinnahmen und die Sonderbetriebsausgaben bei der Ermittlung des gewerbesteuerpflichtigen Gewinns berücksichtigt werden.

Beispiel zur Ermittlung des gewerbesteuerpflichtigen Gesamtgewinns:

Die Handel-GbR hat einen Gewinn von 30.000 Euro erzielt. Ein Gesellschafter hat der Gesellschaft eine Immobilie vermietet. Hierfür erhält er eine jährliche Mieteinnahme von 12.000 Euro. Die Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Immobilie angefallen sind, betrugen insgesamt 9.500 Euro.

Der steuerliche Gesamtgewinn ermittelt sich wie folgt:

Gewinn Gesellschaft 30.000 Euro

+ Sonderbetriebseinnahmen 12.000 Euro

– Sonderbetriebsausgaben – 9.500 Euro

= steuerlicher Gesamtgewinn 32.500 Euro

Um die Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer zu ermitteln, müssen die Hinzurechnungen und Kürzungen der §§ 8 und 9 GewStG (Gewerbesteuergesetz) berücksichtigt werden. Von der sich ergebenden Summe kann die Gesellschaft einen Freibetrag geltend machen, der zurzeit bei 24.500 Euro liegt. Der verbleibende Betrag stellt die Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Gewerbesteuer dar.

Sonderbetriebsvermögen bei einer GmbH

Sonderbetriebsvermögen gibt es nur bei einer Personengesellschaft. Legt der Mitunternehmer einer Personengesellschaft aber eine GmbH-Beteiligung in das Betriebsvermögen der GbR oder OHG ein, stärkt dies seine Stellung innerhalb der Personengesellschaft. Damit zählt die GmbH-Beteiligung zum Sonderbetriebsvermögen der Personengesellschaft.

Sonderbetriebsvermögen oder Betriebsaufspaltung

Vermietet der Mitunternehmer einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts an diese ein Gebäude, ist die Immobilie dem SBV des Gesellschafters zu zuordnen. Das Grundstück wird in einer Sonderbilanz erfasst. Die Mieteinnahmen werden als Sonderbetriebseinnahmen behandelt. Alle Aufwendungen, die mit dem Grundstück in Zusammenhang stehen, stellen Sonderbetriebsausgaben dar.

Anders liegt der Fall, wenn die Immobilie im Besitz einer Gesellschaft ist. Wird das Gebäude an eine zweite Gesellschaft vermietet, an der die Gesellschafter ebenfalls überwiegend beteiligt sind, haben unter bestimmten Voraussetzungen die Regelungen einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung Vorrang vor der Behandlung des Gebäudes als SBV. Das vermietende Unternehmen wird als Besitzunternehmen bezeichnet. Die Gesellschaft, die die Immobilie nutzt, ist das Betriebsunternehmen.

Die Voraussetzungen, die für das Vorliegen einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung erfüllt werden müssen, sind die personelle und sachliche Verflechtung.

Personelle Verflechtung bedeutet, dass die Gesellschafter sowohl das Besitzunternehmen als auch das Betriebsunternehmen in der Weise beherrschen, dass sie einen gemeinsamen geschäftlichen Betätigungswillen in beiden Gesellschaften durchsetzen können. Dies wird von der Finanzverwaltung unterstellt, wenn dieselben Personen mehrheitlich an beiden Unternehmen beteiligt sind.

Eine sachliche Verflechtung wird von der Finanzverwaltung angenommen, wenn das Besitzunternehmen dem Betriebsunternehmen eine wesentliche Betriebsgrundlage zur Nutzung überlässt. Dies könnte z.B. eine Immobilie sein, in der das Betriebsunternehmen ihre Aktivitäten betreibt.

Beispiel

Die Finanz GbR besteht aus den Gesellschaftern Meier, Schneider und Müller. Der Unternehmenszweck besteht in der Finanzberatung von Kunden. Schneider und Müller sind Ehepartner, die nach einem Erbfall gemeinsame Eigentümer einer Immobilie werden. Die Eigentümergemeinschaft ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts.

Die Erbengemeinschaft Schneider & Müller GbR vermietet die Immobilie an die Finanz GbR. Nach Ansicht der Finanzverwaltung handelt es sich in diesem Fall nicht um Sonderbetriebsvermögen.

Grund: Da die Schneider & Müller GbR zu 100% am Besitzunternehmen und die Ehepartner Schneider und Müller zu ⅔ an dem Betriebsunternehmen beteiligt sind, können sie ihren gemeinschaftlichen Betätigungswillen in beiden Gesellschaften durchsetzen. Dies äußert sich z.B. bei der Festsetzung der Miete. Schneider & Müller sind an einer möglichst hohen Miete interessiert. Dies können sie auch in dem Besitzunternehmen gegen den Willen des dritten Gesellschafters Meier durchsetzen. Damit sind die Voraussetzungen einer personellen Verflechtung gegeben.

Die Voraussetzung für eine sachliche Verflechtung liegt ebenfalls vor. Das Gebäude, das an die Gesellschaft bürgerlichen Rechts vermietet wurde, stellt für diese eine wesentliche Betriebsgrundlage dar.

Damit sind beide Bedingungen für eine mitunternehmerische Betriebsaufspaltung gegeben. Steuerlich ist dies mit der folgenden Konsequenz verbunden:

Mit einer Vermietung werden in der Regel Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Sinne des § 21 Einkommensteuergesetz erzielt. Wegen der Qualifizierung zur mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung werden die Mieteinnahmen den Einkünften aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 15 EStG zugerechnet. Dies bedeutet, dass die Mieteinnahmen der Gewerbesteuer unterliegen.

Zusammenfassung

  • Das Betriebsvermögen einer Personengesellschaft setzt sich aus dem Gesamthandsvermögen der Gesellschaft und dem Sonderbetriebsvermögen des einzelnen Gesellschafters zusammen.
  • SBV ensteht z.B., wenn ein Gesellschafter eine Immobilie an seine Gesellschaft vermietet oder ihr ein Darlehen gewährt.
  • Wird mit der Einlage ein bestimmter Zweck erfüllt, handelt es sich um notwendiges SBV. Dient die Einlage nur der Stellung des Gesellschafters, wird dieses als gewillkürtes SBV bezeichnet.
  • SBV gibt es nur bei Personengesellschaften. Ist die Personengesellschaft gewerbesteuerpflichtig, werden die Sonderbetriebseinnahmen des einzelnen Gesellschafters dem Gesamthandsgewinn hinzugerechnet.
  • Vermietet eine Personengesellschaft ein Grundstück an eine andere Personengesellschaft, müssen die Voraussetzungen einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung geprüft werden.
  • Die Finanzverwaltung geht von einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung aus, wenn die Voraussetzungen der personellen und der sachlichen Verflechtung gegeben sind.
  • Eine personelle Verflechtung liegt vor, wenn die Gesellschafter sowohl im Besitzunternehmen als auch im Betriebsunternehmen ihren gemeinsamen geschäftlichen Willen durchsetzen können.
  • Die sachliche Verflechtung ist gegeben, wenn eine wesentliche Betriebsgrundlage vermietet wurde.
  • Sind die Voraussetzungen einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung gegeben, tritt die Behandlung als Sonderbetriebsvermögen in den Hintergrund.