Inhalt von Jahresüberschuss
- 1 Definition: Jahresüberschuss
- 2 Die Ermittlung des Jahresüberschusses
- 3 Der Jahresüberschuss im Rahmen der Gewinnverwendung
- 4 Der Jahresüberschuss als Grundlage für die Ermittlung betriebswirtschaftlicher Kennzahlen
- 5 Der Jahresfehlbetrag – ein negativer JÜ
- 6 Welcher Unterschied besteht zwischen Bilanzgewinn und Jahresüberschuss?
- 7 Zusammenfassung
Definition: Jahresüberschuss
Der Jahresüberschuss (kurz: JÜ) ergibt sich als positive Differenz, wenn alle betrieblichen Aufwendungen von den erzielten Erträgen eines Geschäftsjahres abgezogen werden. Der Begriff findet sowohl in der Bilanz als auch in der Gewinn- und Verlustrechnung eines Unternehmens Anwendung. Mit dem endgültigen Gewinn des Unternehmens stimmt der JÜ nicht überein, weil verschiedene Positionen noch nicht berücksichtigt wurden. Hierzu zählen ein Gewinn- oder Verlustvortrag, Entnahmen und Einstellungen in die Rücklagen und die Steuern vom Einkommen und vom Ertrag. Demnach ist ein JÜ mit dem Gewinn nach Steuern identisch. Dieser Betrag steht den Anteilseignern der Gesellschaft für eine Ausschüttung zur Verfügung.
Gemäß der strengen handelsrechtlichen Gliederungsvorschrift des § 266 HGB (Handelsgesetzbuch) wird der JÜ auf der Passivseite der Bilanz unter dem Eigenkapital ausgewiesen. Unter dieser Position ist auch ein Jahresfehlbetrag zu finden. Der Jahresfehlbetrag wird auch als negativer JÜ bezeichnet. Er ergibt sich, wenn die betrieblichen Aufwendungen eines Geschäftsjahres die erzielten Erträge übersteigen.
Die Ermittlung des Jahresüberschusses
Unternehmen berechnen ihren JÜ in der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV). Nach § 242 Absatz 3 HGB gehört sie zu den Pflichtbestandteilen eines Jahresabschlusses. Bei der Gegenüberstellung der Aufwendungen und der Erträge kann das Unternehmen zur Ermittlung des Gewinns nach Steuern zwischen den beiden folgenden Verfahren wählen:
- Gesamtkostenverfahren
- Umsatzkostenverfahren
Die Ermittlung nach dem Gesamtkostenverfahren (§ 275 Absatz 2 HGB)
Bei der Gegenüberstellung von den Erträgen und den Aufwendungen, die in einer Geschäftsperiode angefallen sind, werden die produzierten Mengeneinheiten berücksichtigt. Die Bestandserhöhungen bei fertigen und unfertigen Erzeugnissen und von dem Unternehmen selbsterstellten Vermögensgegenständen des Sachanlagevermögens werden als Ertrag erfasst. Minderungen des Bestands an fertigen und unfertigen Erzeugnissen werden von den Umsatzerlösen in Abzug gebracht.
Die Berechnung des JÜ nach dem Gesamtkostenverfahren setzt bei den Umsatzerlösen an. Bestandserhöhungen, ordentliche Erträge und andere aktivierte Eigenleistungen erhöhen das Ergebnis. In Abzug gebracht werden die Aufwendungen, die sich aus dem Materialaufwand, dem Personalaufwand und den Abschreibungen zusammensetzen. Nach Berücksichtigung der sonstigen betrieblichen Aufwendungen und dem Ergebnis, das im Finanzbereich ermittelt wurde, ergibt sich der Gewinn vor Steuern. Dieser wird um die Steuern vom Einkommen und Ertrag bereinigt. Schließlich steht das Ergebnis des Gewinns nach Steuern fest.
Beispiel: Berechnung des Jahresüberschusses nach dem Gesamtkostenverfahren
Eine GmbH erzielte im abgelaufenen Geschäftsjahr Umsatzerlöse in Höhe von 90.000 EUR. Im Lager ergab sich im Vergleich zum Lageranfangsbestand ein Mehrbestand von 30.000 EUR. Die weiteren Positionen können wie folgt zusammengefasst werden:
- Materialaufwand 5.000 EUR
- Personalaufwand 2.500 EUR
- Abschreibungen 850 EUR
- Erträge aus Beteiligungen 2.000 EUR
- Zinsen und ähnliche Aufwendungen: 500 EUR
- Steuern vom Einkommen und Ertrag 1.200 EUR
- sonstige Steuern 100 EUR
Der JÜ ermittelt sich nach dem Gesamtkostenverfahren wie folgt:
Umsatzerlöse: 90.000 EUR
+ Bestand Lager: 30.000 EUR
– Materialaufwand: -5.000 EUR
– Personalaufwand: -2.500 EUR
– Abschreibungen: – 850 EUR
+ Erträge aus Beteiligungen: 2.000 EUR
– Zinsaufwand – 500 EUR
– Steuern vom Einkommen und Ertrag: -1.200 EUR
= Ergebnis nach Steuern: 111.950 EUR
– sonstige Steuern: -100 EUR
= JÜ: 111.850 EUR
Die Ermittlung nach dem Umsatzkostenverfahren (§ 275 Absatz 3 HGB)
Im Umsatzkostenverfahren bilden die Umsatzerlöse die Ausgangsbasis für die Ermittlung des JÜ. Hier werden nicht – wie bei dem Gesamtkostenverfahren – die produzierten Mengeneinheiten für die Berechnung herangezogen. Maßgeblich sind die abgesetzten Mengeneinheiten. Dies bedeutet, dass die Aufwendungen und Erträge erst ausgewiesen werden, wenn die hergestellten Erzeugnisse abgesetzt werden. Bestandserhöhungen und selbsterstellte Vermögensgegenstände des Sachanlagevermögens werden nicht als Erträge ausgewiesen.
Im Detail wird der JÜ wie folgt berechnet: Den Umsatzerlösen werden alle ordentlichen Erträge hinzugerechnet. Die Aufwendungen werden gemäß § 275 Absatz 3 HGB in Abzug gebracht. Es ergibt sich das Betriebsergebnis. Um das Finanzergebnis zu ermitteln, werden alle Erträge und Aufwendungen aus dem unternehmerischen Finanzbereich berücksichtigt. Durch Addition von Betriebsergebnis und Finanzergebnis wird das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit festgestellt. Anschließend wird das außerordentliche Ergebnis (außerordentliche Erträge abzüglich außerordentlicher Aufwendungen) in die Ermittlung des JÜ einbezogen. Es ergibt sich der Gewinn vor Steuern, der mit dem JÜ nicht identisch ist. In einem letzten Schritt werden die Steuern vom Einkommen und Ertrag und die sonstigen Steuern berücksichtigt. Es ergibt sich der JÜ, der dem Gewinn nach Steuern entspricht.
Von dem Gesamtkostenverfahren unterscheidet sich das Umsatzkostenverfahren auch durch die Darstellung. Die Aufwendungen werden nicht nach ihren Arten (Material, Personal oder Abschreibungen) eingeteilt, sondern nach ihrer Funktion. Folglich unterscheidet man im Umsatzkostenverfahren nach Verwaltung, Vertrieb oder Herstellung. Da sich dieses Verfahren an der Kostenstellenstruktur orientiert ist es Voraussetzung, dass das Unternehmen intern eine Kosten- und Leistungsrechnung durchführt.
Beispiel: Berechnung des Jahresüberschusses nach dem Umsatzkostenverfahren
Würde der JÜ der GmbH aus Beispiel 1 nach dem Umsatzkostenverfahren ermittelt werden, ergäbe sich die folgende Berechnung:
Umsatzerlöse: 90.000 EUR
+ Herstellungskosten: 21.650 EUR
+ Erträge aus Beteiligungen: 2.000 EUR
– Zinsaufwand: 500 EUR
– Steuern vom Einkommen und Ertrag: -1.200 EUR
= Ergebnis nach Steuern: 111.950 EUR
– sonstige Steuern: -100 EUR
= JÜ: 111.850 EUR
Der Herstellungskosten im Umsatzkostenverfahren setzen sich aus dem Lagerbestand, dem Material- und Personalaufwand sowie den Abschreibungen zusammen. Die unterschiedliche Darstellungsform ändert nichts am Endergebnis. Der JÜ wird im Gesamtkostenverfahren und im Umsatzkostenverfahren mit 111.850 EUR ermittelt.
Wählt ein Unternehmer die Darstellung nach dem Umsatzkostenverfahren, werden keine Angaben über die Material- und Personalkosten ersichtlich. § 285 Nr. 8 HGB verlangt, dass die entsprechenden Angaben in diesem Fall im Anhang nachgeholt werden müssen.
Der Jahresüberschuss im Rahmen der Gewinnverwendung
Unter der Gewinnverwendung versteht das externe Rechnungswesen die Verwendung des Gewinns nach Steuern (JÜ), der in der Gewinn- und Verlustrechnung ermittelt wurde.
Die Gewinnverwendung kommt ausschließlich bei Kapitalgesellschaften zur Anwendung. Bei Unternehmen, die in der Rechtsform einer GbR, einer OHG oder einer KG bestehen, wird der Gewinn nach den Anteilen der Gesellschafter verteilt.
Das Vorschlagsrecht für die Verwendung des Gewinns steht bei einer GmbH dem Geschäftsführer zu. Bei einer AG wird dieses Recht von dem Vorstand des Unternehmens ausgeübt. Für die Gewinnverwendung muss ein Beschluss vorliegen, der von der Gesellschafterversammlung (GmbH) oder von der Hauptversammlung (AG) gefasst wird. Den Gremien stehen für die Gewinnverwendung die folgenden Möglichkeiten zur Verfügung:
- Ausschüttung des Gewinns an die Anteilseigner bzw. Aktionäre
- Zuführung zu den Gewinnrücklagen
- Ausgleich eines Verlustvortrags
- Gewährung von Tantiemen an den Geschäftsführer
Der Jahresüberschuss als Grundlage für die Ermittlung betriebswirtschaftlicher Kennzahlen
Betriebswirtschaftliche Kennzahlen – wie EBIT/EBITDA – werden eingesetzt, um das Jahresergebnis eines Unternehmens näher zu analysieren. Die Unternehmensleitung erhält hierdurch Informationen, die sie nutzt, um die eigene Wirtschaftlichkeit zu überprüfen. Grundlage für die Ermittlung dieser Kennzahlen ist häufig nicht die Bilanz, sondern die Gewinn- und Verlustrechnung. Folgende Kennzahlen lassen sich auf Grundlage des JÜ ermitteln:
EBT (Earnings before Taxes)
Das EBT drückt den Gewinn vor Abzug der Steuern vom Einkommen und Ertrag aus. Mit dieser Kennzahl wird die Ertragskraft des Unternehmens dargestellt. Da steuerliche Sachverhalte nicht berücksichtigt werden, kann der Gewinn aus einem abgeschlossenen Geschäftsjahr besser mit Vorjahresgewinnen verglichen werden. Die Formel zur Ermittlung des EBT lautet:
JÜ + Steuern vom Einkommen und Ertrag = EBT
Werden Steuerüberzahlungen vom Finanzamt an das Unternehmen zurückerstattet, müssen diese von dem JÜ abgezogen werden, wenn das EBT ermittelt werden soll.
EBIT (Earnings before interests an taxes)
Das EBIT ist in der Darstellung der Ertragskraft eines Unternehmens umfassender. Hier werden nicht nur die steuerlichen Sachverhalte außen vor gelassen, sondern auch Zinserträge und Zinszahlungen. Die Ermittlung führt zum Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit. Ausgehend vom JÜ ermittelt es sich wie folgt:
Jahresüberschuss + Steueraufwand – Steuerertrag + Zinsaufwand – Zinsertrag = EBIT
EBITDA (Earnings before interests, taxes, depreciation and armortisation
EBITDA stellt wie das EBIT den Gewinn vor Steuern dar. Es unterscheidet sich dadurch, dass das EBITDA um die Abschreibungen auf das Sachanlagevermögen und die immateriellen Wirtschaftsgüter korrigiert wird. Auf diese Weise wird der operative Gewinn eines Unternehmens noch differenzierter dargestellt. Die EBITDA wird mit der folgenden Formel ermittelt:
JÜ + Steueraufwand – Steuerertrag + Zinsaufwand – Zinsertrag + Abschreibungen – Zuschreibungen = EBITDA
Der Jahresfehlbetrag – ein negativer JÜ
Ein Jahresfehlbetrag ergibt sich, wenn die in der Gewinn- und Verlustrechnung aufgeführten Aufwendungen betragsmäßig höher liegen als die Umsatzerlöse der Geschäftsperiode. Zu beachten ist, dass – ebenso wie bei der Ermittlung eines JÜ – Gewinn- und Verlustvorträge und Entnahmen und Einlagen in die offenen Rücklagen nicht berücksichtigt werden.
Ein Jahresfehlbetrag führt zu einer Minderung des bilanziellen Eigenkapitals. Eine Verteilung auf die Teilhaber des Unternehmens ist nicht möglich. Der Jahresfehlbetrag wird mit einem Gewinnvortrag aus Vorjahren verrechnet. Andernfalls kann er durch Rücklagen abgedeckt werden. Erwirtschaftet ein Unternehmen mehrere Jahre hintereinander einen Fehlbetrag, droht die Zahlungsunfähigkeit.
Welcher Unterschied besteht zwischen Bilanzgewinn und Jahresüberschuss?
Ein Bilanzgewinn entspricht nicht dem JÜ. Der Bilanzgewinn ergibt sich, wenn der JÜ wie folgt bereinigt wurde:
JÜ
+ Gewinnvortrag aus Vorjahren
– Verlustvortrag aus Vorjahren
+ Entnahme aus Kapitalrücklagen
+ Entnahme Gewinnrücklagen
– Einstellung in Gewinnrücklagen
= Bilanzgewinn
Ergibt sich bei der vorstehenden Berechnung ein negatives Ergebnis, spricht das Bilanzrecht von einem Bilanzverlust.
Zusammenfassung
- Ein Jahresüberschuss ergibt sich, wenn die Unternehmenserträge die betrieblichen Aufwendungen eines Jahres übersteigen.
- Ein JÜ wird auf der Passivseite der Bilanz innerhalb des Eigenkapitals passiviert.
- Der JÜ wird durch Aufstellung einer Gewinn- und Verlustrechnung ermittelt.
- Gemäß § 275 HGB sind für die Berechnung des JÜ das Gesamtkostenverfahren und das Umsatzkostenverfahren zulässig.
- Beim Gesamtkostenverfahren werden die einzelnen Aufwandsposten (Material, Personal und Abschreibungen) hervorgehoben.
- Für das Umsatzkostenverfahren ist entscheidend, in welchem Bereich der Aufwand angefallen ist. Demzufolge unterscheidet man z.B. Produktion, Verwaltung und Vertrieb.
- Ein JÜ entspricht dem Gewinn nach Steuern. Dieser kann an die Anteilseigner der Gesellschaft ausgeschüttet oder z.B. mit Verlusten aus den Vorjahren ausgeglichen werden. Alternativ wird der Gewinn vorgetragen oder in die Gewinnrücklage eingestellt.
- Ein JÜ bildet die Basis für die Ermittlung betriebswirtschaftlicher Kennzahlen. Als EBT, EBIT oder EBITDA wird das Ergebnis des Unternehmens unter Einbeziehung oder Ausschluss verschiedener Faktoren dargestellt.
- Im Mittelpunkt der unterschiedlichen Darstellung des operativen Ergebnisses stehen Ertragssteuern, Zinsen und Abschreibungen.
- Das Gegenteil zum JÜ ist der Jahresfehlbetrag. Dieser entsteht, wenn die betrieblichen Aufwendungen eines Jahres über den erzielten Erträgen liegen.
- Ein Jahresfehlbetrag kann mit einem Gewinnvortrag oder Gewinnrücklagen verrechnet werden.
- Ein JÜ ist nicht identisch mit dem Bilanzgewinn. Dieser wird ermittelt, wenn der Jahresüberschuss um Entnahmen und Einstellungen in Kapitalrücklagen und Gewinnrücklagen korrigiert wird.
- Ist das Ergebnis negativ, wurde ein Bilanzverlust ermittelt.