Einführung

Die moderne Arbeitswelt steht der Herausforderung gegenüber, dass die Wissensarbeit in den Unternehmen immer mehr zunimmt. Innerhalb der letzten 50 Jahre hat Deutschland den Wandel von der Industrie- zur Wissensgesellschaft vollzogen. Die neuen Umstände und Anforderungen erfordern von Unternehmen die Überarbeitung ihrer alten Organisationsstrukturen und von vielen ihrer Mitarbeiter höhere kognitive Fähigkeiten als zu früheren Zeiten der Wirtschaftsgeschichte. Da der Bedarf von Unternehmen im Wesentlichen diktiert, wie viele Arbeitsplätze in welcher Form auf dem Arbeitsmarkt für die Bürger vorhanden sind, steigen dadurch auch die bildungstechnischen Anforderungen an alle Menschen auf dem Arbeitsmarkt.

Der typische Arbeitnehmer wächst vermehrt in die Rolle eines Wissensarbeiters hinein, dessen Schwerpunkt auf geistige Tätigkeiten liegt. Durch diese Veränderung entstehen für den einzelnen Arbeitnehmer sowohl neue Chancen, als auch Herausforderungen und Risiken im Hinblick auf neu auftretende Konfliktsituationen.

Möchte ein Unternehmen die unternehmensinternen Wissensbestände effektiv organisieren und nutzen, hat es in der Regel auch den Vorsatz eine lernende Organisation zu werden – dies ist ein komplexes Unterfangen. In dieser Seminararbeit wird im Folgenden ein Überblick gegeben, wie Unternehmen beim Aufbau einer „organisatorischen Intelligenz“ [1] und auf dem Weg zu einem Wissensunternehmen unterstützt werden können. Zusätzlich wird in dieser Seminararbeit der einzelne Wissensarbeiter aus Sicht der Organisation betrachtet und welche Methoden es zur Wissensverbreitung innerhalb eines Unternehmens im Aktionsradius der Organisationsabteilung gibt.

Wissensarbeiter im Unternehmen

Wissensarbeiter aus Sicht der Organisation

Der ideale Wissensarbeiter ist interessiert, motiviert und fähig sein implizites Wissen an andere Menschen weiterzugeben und diese Erfahrungswerte somit für jeden im Unternehmen nutzbar zu machen.

Wissensarbeiter können innerhalb des Unternehmens aufsteigen, indem sie neues Wissen erwerben und an andere weitergeben. Die Position des Wissensarbeiters innerhalb des Unternehmens sollte auf dem individuell angeeigneten Wissen dieser Person basieren.

Die Wissensarbeiter sollten von der Organisationsführung und von dem Personalmanagement zum Teilen ihres individuellen Wissens ausdrücklich motiviert werden. Beispielsweise in Form einer kommunikationsfördernden Raumgestaltung oder der Gestaltung von Anreizsystemen, die die Weitergabe von Wissen belohnen.

Der einzelne Beitrag eines Wissensarbeiters oder einer Abteilung am innerbetrieblichen Wissensaufbau und -transfer kann über Kennzahlen ermittelt werden [2].

Eine besonders große Herausforderung stellt für Wissensarbeiter die Tatsache dar, dass nicht mehr das Erledigen einer Aufgabe im Vordergrund steht, sondern vermehrt das Ergebnis der Aufgabenerledigung bewertet wird.

Im Gegensatz zu handwerklichen Arbeiten verringern Wissensarbeiten eher den persönlich nutzbaren Wert, den ein Arbeiter durch sie in Form von greifbarer Anerkennung gewinnen kann. Darüber hinaus werden von Wissensarbeitern höhere kognitive Fähigkeiten verlangt als bei Arbeiten in traditionell handwerklichen Berufen.

Junge Männer sind laut Studien die Bildungsverlierer der heutigen Gesellschaft [3] und demzufolge auf den ersten Blick weniger gut für die Tätigkeit als Wissensarbeiter geeignet. Zu den Ursachen dieses gesellschaftlichen Phänomens gibt es von Experten verschiedene Erklärungsansätze.

Meiner Ansicht nach sind Frauen während der Ausbildungszeit in der Regel kognitiv leistungsfähiger als ihre männlichen Kontrahenten, da sie sich in dieser Gesellschaft in jungen Jahren in einer deutlich besseren Lebensposition befinden.

Eine leichtere Befriedigung der sozial-existenziellen Bedürfnisse wie Liebe, Anerkennung, Sex, und dem grundständigen Bedürfnis nach qualitativ hochwertigen Sozialkontakten machen aus den jungen Frauen kommunikativere, glücklichere und somit kognitiv leistungsfähigere Menschen.

Ausstattung der Wissensarbeiterräume

Wichtig ist auch die richtige Ausstattung der Arbeitsräume für die Wissensarbeiter. Hierbei sollte sich die Organisation an neusten wissenschaftlichen Forschungserkenntnissen orientieren und die Räume in Zusammenarbeit mit ihren Wissensarbeitern einrichten.

Im Folgenden werde ich einige wichtige organisationale Raumaspekte ansprechen, mit der die Konzentrationsfähigkeit der Wissensarbeiter positiv beeinflusst werden kann.

  1. Ruhe im Arbeitsraum: Eine absolute Ruhe im Arbeitsraum ist für einen Wissensarbeiter notwendig und kann letztlich auch durch Schallschutzwände und -fenster realisiert werden. Straßen- oder Maschinenlärm von Anlagen stört die Konzentration erheblich und hindern den Wissensarbeiter am produktiven Arbeiten.
  2. Eine helle Beleuchtung am Arbeitsplatz: Die richtige Beleuchtung hat großen Einfluss auf die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit der Wissensarbeiter. Es sollte ein möglichst helles Licht mit hohem Blauanteil installiert werden. Da dies wirklich eine geeignete und wissenschaftlich nachgewiesene Methode ist, um die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter zu steigern, sollten Unternehmen hier keine Kosten scheuen, und mit der richtigen Beleuchtung einen positiven Einfluss auf die Gesundheit und Leistungsfähigkeit ihrer Mitarbeiter nehmen.
  3. Wohlfühlatmosphäre im Arbeitsraum: In den Arbeitsräumen und vor allem an den eigenen Schreibtischen sollte den Wissensarbeitern ein eigener Gestaltungsspielraum eingeräumt werden, damit jeder Mitarbeiter seine eigene persönliche Wohlfühlzone erschaffen kann. Da die individuelle Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden eines Menschen in engem Zusammenhang stehen, sollte dieser Aspekt nicht unterschätzt werden. Pflanzen und Blumen in den Arbeitsräumen sind wichtig, da sie als ein Stück Natur beim Betrachter für einen Erholungseffekt sorgen, die Raumluft verbessern und somit als Folge die Konzentrationsfähigkeit, Produktivität und Gesundheit der Wissensarbeiter positiv beeinflussen.

Personelle Barrieren bei der Wissensverteilung

Wissen kann in einem Unternehmen nur verteilt werden, wenn die Mitarbeiter auch die Bereitschaft zeigen, ihr individuell vorhandenes Wissen an andere weiterzugeben.

Folgende fünf Aspekte können die Wissensverteilung innerhalb des Unternehmens stark beeinträchtigen [4]:

  1. Der Wissensarbeiter erkennt nicht die Wichtigkeit seines Wissens für das Unternehmen.
  2. Der Wissensarbeiter verfügt nicht über die notwendige Fähigkeit, sein Wissen anderen Menschen verständlich beizubringen. Hat also Schwierigkeiten damit, sein implizites Wissen [5] korrekt zu artikulieren.
  3. Der Wissensarbeiter hat kein persönliches Interesse an der Verbreitung seines eigenen Wissens.
  4. Der Wissensarbeiter hat in der Vergangenheit negative Folgen aufgrund einer persönlichen Wissensweitergabe erfahren.
  5. Der Wissensarbeiter hat Angst davor, sich durch die Wissensweitergabe für das Unternehmen austauschbar zu machen.

Darüber hinaus verhindert ein schlechtes Betriebsklima – beispielsweise in Form von ausgeprägtem Konkurrenzdenken – den Austausch von Wissen unter den Mitarbeitern. Wissensunternehmen sollten daher der Pflege des Betriebsklimas eine besondere Beachtung schenken.

Einfluss der Organisationsform auf das Wissensmanagement

Wissensfördernde Organisationsformen

In der Organisationstheorie existieren bereits folgende wissensfördernde Organisationsformen [6], die das Wissensmanagement innerhalb eines Unternehmens unterstützen:

  • unendlich flache Organisation
  • invertierte Organisation
  • Modell der multiplen Überlappungsstruktur
  • Sternexplosion
  • Spinnennetz und
  • Hypertextorganisation

Bei diesen Organisationsformen stehen – im Gegensatz zu anderen Organisationsstrukturen – vermehrt der Wissenserwerb, die Wissensspeicherung und der Wissenstransfer im Mittelpunkt. Die Organisationsführung sollte darauf achten, innerhalb des Unternehmens eine gewisse Wissensökologie zu pflegen, indem sie den Mitarbeitern mithilfe ihrer Methoden optimale Rahmenbedingungen für den Aufbau eines kollektiven und unternehmensinternen Wissensbestands anbietet.

Organisatorische Barrieren bei der Wissensverteilung

Es sollte für alle Mitarbeiter der Zugriff auf Wissensquellen ermöglicht und optimal organisiert werden. Zudem können folgende organisatorischen Barrieren eine Wissensverteilung behindern [7]:

  • Für die Wissensverteilung wird nicht genügend Zeit zur Verfügung gestellt
  • Schlechte Kommunikationsinfrastruktur
  • Schlechte Raumkonzepte (z.B. räumliche Trennung)
  • Seltene Verfügbarkeit von Mitarbeitern, die das notwendige Wissen besitzen

Wissensverteilung in einem Unternehmen

Methoden der Wissensverteilung aus Sicht der Organisation

Im Folgenden werde ich etwas näher auf die Methoden eingehen, die dem Bereich der Organisation zugeordnet werden können[8]:

  • Kommunikationszentren und kommunikationsfördernde Raumkonzepte
  • Prozessorientierte Aufbauorganisation
  • Job-Redesign und Job-Rotation
  • Sozialräume und Sozialisation (Lernen durch Beobachten)
  • Communities (Expertennetzwerke) und Diskussionsforen
  • Gruppen- und Projektarbeit
  • Inforäume und Kaffeeecken
  • Lessons Learned nach Projekten (Zusammenfassende Berichte)
  • Newsletter, Patenkonzept, und Qualitätszirkel (z.B. Lernstadt, Technology Groups)

Darüber hinaus existieren noch viele weitere Methoden zum Wissenstransfer innerhalb eines Unternehmens, welche jedoch den Bereichen Personalmanagement (z.B. “Teambuilding”) und Technik (z.B. “E-Mail”) zugeordnet werden.

Arten der Wissensverteilung

In der Literatur wird bei der Verteilung von Wissen zwischen dem “Pull-” und dem “Push-Prinzip”, sowie zwischen dem direkten (z.B. Qualitätszirkel) und indirekten Wissenstransfer (z.B. Job-Rotation) unterschieden.

Nutzen der Wissensverteilung für Unternehmen

Der Hauptnutzen einer Wissensverteilung im Unternehmen liegt in dem Kosten- und Zeitersparnis bezüglich Wissenserwerb und -entwicklung sowie in einer besseren Verfügbarkeit des Wissens. Darüber hinaus führt eine Wissensverbreitung zu mehr potenziellen Entscheidungspunkten [9] im Unternehmen und zu einem Wettbewerbsvortei [10].

Das Wertschöpfungspotenzial von neu erworbenem Wissen ist häufig für die Arbeitnehmer schwer einzuschätzen. In speziellen Diskussionsrunden (z.B. nach Fortbildungen) kann in kleinem Kreis entschieden werden, welcher Anteil am neu erworbenen Wissen für den Unternehmenserfolg relevant ist und innerbetrieblich geteilt werden sollte.

Eine Methode im Detail: Schaffung von Sozialräumen

Auf organisationaler Basis sollten spezielle Sozialräume geschaffen werden, die einen informellen Austausch der Mitarbeiter untereinander fördern. Ein Ansatz für einen geeigneten Sozialraum wäre eine Küchentheke am Rand der Abteilung, in der (gesundes) Essen und Getränke bereitstehen und die Mitarbeiter sich unabhängig von ihrer Tätigkeit begegnen und unterhalten können – am besten mit Ausblick auf eine Grünanlage. Der Ausblick auf eine Grünanlage würde dabei für einen zusätzlichen Erholungseffekt sorgen (siehe 2.2). Laut Netzwerk-Epistemologie [11] wird umso mehr Wissen entwickelt und verteilt, je mehr Menschen im Unternehmen Gelegenheit haben sich zu treffen.

Fazit und Ausblick

Der Schwerpunkt der Arbeitswelt verlegt sich mehr und mehr auf die Wissensarbeit und fordert somit von den Menschen höhere kognitive Fähigkeiten. Bereits bei der Auswahl der Mitarbeiter wird dies sichtbar: Selbst für einfache Berufsausbildungen werden von Unternehmen mittlerweile gehobene Schulabschlüsse verlangt. Früher konnte man mit einem Hauptschulabschluss fast jede Lehre beginnen, die man anstrebte – heutzutage wird für eine einfache Lehre meist schon der Realschulabschluss vorausgesetzt, und somit ein höheres Bildungsniveau verlangt.

Innerbetriebliches Wissensmanagement ist meiner Ansicht nach zu einem nicht zu unterschätzenden Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen geworden.

Für einen Konzern empfiehlt es sich daher, einen auf Wissensmanagement spezialisierten Mitarbeiter einzustellen (sog. “Director of Knowledge-Management”), der den Aufbau einer organisationalen Intelligenz beschleunigt und die Wissensmitarbeiter fachgerecht betreuen kann. Darüber hinaus könnten Mitarbeiter in Zukunft in der Formulierung ihres impliziten Wissens geschult werden, damit dieses in explizites Wissen übertragen werden und anschließend vom Unternehmen dokumentiert und archiviert werden kann. Meines Erachtens könnten hierfür beispielsweise extra “Workshops” veranstaltet werden, in dem die Mitarbeiter lernen ihre Erfahrungswerte artikulierbar und objektiv darstellbar zu machen.

Zum Schluss möchte ich noch persönliche Ideen anführen, die eine Wissensverbreitung in den Unternehmen fördern könnten.

Da wäre zum einen das Anbieten von kostenfreien und freizeitorientierten (Sport-)Veranstaltungen, die vom Unternehmen selbst organisiert werden. Neben der Wissensverbreitung – die in Off-Side-Gesprächen der Teilnehmer stattfinden wird – haben solche Veranstaltungen weitere wichtige Vorteile. Beispielsweise die allgemeine Verbesserung der Arbeitsatmosphäre unter den Kollegen, oder im Speziellen die Stärkung des Gemeinschafts- und Zugehörigkeitsgefühls – welches sehr wichtig ist für ein Wissensunternehmen.

Zudem könnten in Zukunft Arbeitsräume für Wissensarbeiter dahingehend entwickelt werden, dass sich die Arbeiter ähnlich wie an einem Konferenztisch gegenübersitzen, und sich jederzeit problemlos über den aktuellen Stand ihrer Arbeit austauschen können. Dadurch würde ebenso ein Gemeinschaftsgefühl (“Wir”-Gefühl) entstehen, weil alle gemeinsam an einem Tisch sitzen und die Hierarchieebenen visuell nicht propagiert werden. Dies könnte zu einem höheren Wohlbefinden und zu einer höheren Leistungsbereitschaft bei den Arbeitnehmern führen – jeder Wissensarbeiter ist im Team, und jeder ist gleich wichtig.

Seminararbeit im Fach Wissensmanagement, Autor: Eric Funke

Literatur- und Quellenangaben

  1. Vgl.: Lehner, Franz: Wissensmanagement. Grundlagen, Methoden und technische Unterstützung. 4. Auflage. Carl Hanser Verlag. München 2012. S. 136/137
  2. Haun, Matthias: Handbuch Wissensmanagement. Grundlagen und Umsetzung, Systeme und Praxisbeispiele. Springer-Verlag. Berlin, Heidelberg 2002. S.151
  3. Vgl.: Süddeutsche Zeitung – Studie zu Schulleistungen vom 10. Mai 2010
  4. Vgl.: Lehner, Franz: Wissensmanagement. Grundlagen, Methoden und technische Unterstützung. 4. Auflage. Carl Hanser Verlag. München 2012. S.66
  5. Implizites Wissen: Über Erfahrungen erworbenes Betriebswissen
  6. Vgl.: Lehner, Franz: Wissensmanagement. Grundlagen, Methoden und technische Unterstützung. 4. Auflage. Carl Hanser Verlag. München 2012. S.220
  7. Vgl.: sciNOVIS – Folien zur Vorlesung an der Universität Erlangen-Nürnberg. S.8
  8. Vgl.: sciNOVIS – Folien zur Vorlesung an der Universität Erlangen-Nürnberg. S.11
  9. Anm.: Mehr Mitarbeiter sind fähig, Entscheidungen zu treffen
  10. Vgl.: North, Klaus: Wissensorientierte Unternehmensführung. Wertschöpfung durch Wissen. 2. Auflage. Gabler Verlag. Wiesbaden 1999. S. 64
  11. North, Klaus: Wissensorientierte Unternehmensführung. Wertschöpfung durch Wissen. 2. Auflage. Gabler Verlag. Wiesbaden 1999. S. 46

Autor: Eric Funke