Definition: Durchschnittlicher Lagerbestand

Der durchschnittliche Lagerbestand (anders: durchschnittliche Lagerdauer) informiert den Unternehmer über die Menge der Materialien und Waren, die sich durchschnittlich im Lager befinden. Neben den anderen unternehmerischen Aufgaben kommt auch diesem Bereich eine besondere Bedeutung zu, da hohe Lagerbestände hohe Kapitalbindungskosten verursachen. Dies beeinflusst die Liquidität des Unternehmens. Um dies zu vermeiden, ermittelt der Betrieb den durchschnittlichen Lagerbestand in Wert, Stück oder einer anderen Mengeneinheit.

Formel zur Berechnung des durchschnittlichen Lagerbestands
Formel zur Berechnung des durchschnittlichen Lagerbestands

Wie ermittelt das Unternehmen den durchschnittlichen Lagerbestand?

Um einen möglichst genauen Wert der Lagerbestände zu erhalten, empfiehlt es sich den durchschnittlichen Wert auf Basis der Jahresinventur oder der Monatsinventur durchzuführen. Daneben lässt sich der durchschnittliche Lagerbestand auch mit dem Mindestbestand berechnen.

Ermittlung des durchschnittlichen Lagerbestandes auf Basis der Jahresinventur

Die Ermittlung des Lagerbestandes auf Basis der Jahresinventur fußt auf den Werten der Vorjahresbilanz und der aktuellen Buchführung. Aufgrund der materiellen Bilanzkontinuität ist der Lagerbestand des Vorjahres mit dem Anfangsbestand des laufenden Jahres identisch. Die zweite Größe, die das Unternehmen für die Ermittlung benötigt, ist der Lagerbestand am Ende der aktuellen Periode. Diesen erhält der Unternehmer aus der laufenden Buchhaltung. Mit diesen zwei Kennzahlen kann das Unternehmen den durchschnittlichen Lagerbestand auf Basis der Jahresinventur wie folgt berechnen:

Durchschnittlicher Lagerbestand = (Anfangswert des Lagerbestandes + Endwert des Lagerbestandes) / 2

Beispiel

Ein Textilunternehmen stellt Hemden und Hosen her. In der Vorjahrsbilanz weist der Lagerbestand einen Wert von 120.000 Euro aus. Zum Ende des aktuellen Jahres ergibt sich aus der laufenden Buchführung ein Wert von 160.000 Euro.

Der Vorjahreswert des Lagerbestandes von 120.000 EUR ist mit dem Anfangsbestand des laufenden Jahres identisch. Die Ermittlung des durchschnittlichen Lagerbestandes auf Basis der Jahresinventur bringt das folgende Ergebnis:

Durchschnittlicher Lagerbestand = (120.000 Euro + 160.000 Euro) / 2 = 140.000 Euro

Ermittlung des durchschnittlichen Lagerbestandes auf Grundlage der Monatsinventur

Bei der Ermittlung des Lagerbestandes auf Grundlage der Monatsinventur wird der Lagerbestand eines jeden Monats berücksichtigt. Ausgangspunkt ist hier – wie bei der Ermittlung des Lagerbestandes auf Basis der Jahresinventur – der Jahresanfangsbestand.

Die Formel zur Ermittlung des durchschnittlichen Lagerbestandes auf Grundlage der Monatsinventur lautet:

Durchschnittlicher Lagerbestand = (Jahresanfangsbestand + 12 Monatsbestände) / 13

Beispiel

Ein produzierendes Unternehmen hat zum 01. August 2019 den geschäftlichen Betrieb aufgenommen. Durch Einlagen der Gesellschafter ergibt sich ein Lageranfangsbestand von 10.000 Euro. Für die Monate September bis Dezember 2019 werden die folgenden Werte ermittelt:

  • September 2019: 8.000 Euro
  • Oktober 2019: 9.000 Euro
  • November 2019: 11.000 Euro
  • Dezember 2019: 10.200 Euro

Der durchschnittliche Lagerbestand ermittelt sich wie folgt:

Durchschnittlicher Lagerbestand = (10.000 Euro + 8.000 Euro +9.000 Euro + 11.000 Euro + 10.200 Euro) / 5 = 9.640 Euro

Lagerbestand mit Mindestbestand berechnen

Der Mindestbestand (auch Sicherheitsbestand oder eiserne Reserve) ist der Bestand, den ein Unternehmen immer vorrätig halten sollte, um Produktionsstörungen zu vermeiden. Ist ein bestimmtes Material auf dem Lager nicht mehr vorhanden, muss die Produktion gestoppt werden. Hierdurch kann es dazu kommen, dass vertraglich vereinbarte Termine mit Geschäftspartnern oder Kunden nicht eingehalten werden. Als Folgen sind die Zahlung von Verzugszinsen oder der Verlust wichtiger Kunden zu nennen. Aus diesem Grund ermittelt das Unternehmen einen Sicherheitsbestand. Hierdurch wird gewährleistet, dass alle Materialien vorrätig sind, die das Unternehmen für einen Produktionsprozess benötigt. Darüber hinaus verwendet das Unternehmen den Sicherheitsbestand, um den durchschnittlichen Lagerbestand zu ermitteln. Die Formel zur Ermittlung des durchschnittlichen Lagerbestandes mit dem Sicherheitsbestand lautet:

Durchschnittlicher Lagerbestand = Sicherheitsbestand + (optimale Bestellmenge / 2)

Die optimale Bestellmenge gibt dem Unternehmer die Lagermenge an, bei der keine hohen Lager- und Bezugskosten anfallen. Beim Einkauf von Rohstoffen und Materialien achtet der Einkäufer des Unternehmens auch auf die Wirtschaftlichkeit der Investition.

Beispiel

Ein Unternehmen stellt Möbel aus Holz her. Die verwendeten Materialien hält das Unternehmen bis zum Beginn des Herstellungsprozesses auf Lager. Der Sicherheitsbestand liegt bei 4.000 Stück. Die optimale Bestellmenge hat das Unternehmen mit 2.500 Stück ermittelt. Die Lagerbestände bewertet das Unternehmen mit den Bezugskosten von 3,50 Euro pro Stück.

Auf Basis der angegeben Zahlen ermittelt sich der durchschnittliche Lagerbestand wie folgt:

Durchschnittliche Lagerbestand = 4.000 Stück + (2.500 Stück / 2) = 5.250 Stück

Die Bewertung des durchschnittlichen Lagerbestandes erfolgt zum Einkaufspreis:

5.250 Stück x 3,50 Euro = 18.375 Euro

Wie kann der durchschnittliche Lagerbestand gesenkt werden?

Um die Liquidität des Unternehmens sicherzustellen, muss ein Unternehmen möglichst kostensparend agieren. Zu den Maßnahmen zählt auch eine wirtschaftliche Führung der Lagerbuchhaltung. Lagerkosten lassen sich z.B. dadurch senken, dass das Unternehmen auf den durchschnittlichen Lagerbestand einwirkt. Insbesondere die folgenden Strategien helfen dem Unternehmen, den durchschnittlichen Lagerbestand optimal zu gestalten:

  • Das Unternehmen plant die für den Produktionsprozess benötigten Kapazitäten.
  • Eine bessere Lagerbuchhaltung – und damit auch ein optimaler durchschnittlicher Lagerbestand – lässt sich dadurch erzielen, dass das Unternehmen Warenwirtschaftssysteme zur Unterstützung einsetzt.
  • Das Unternehmen legt einen Sicherheitsbestand fest.
  • Das Unternehmen entscheidet sich für Just-in-time-Fertigungen.

Welche Lagerkennzahlen gibt es?

Neben dem durchschnittlichen Lagerbestand geben die folgenden Lagerkennzahlen Auskunft über die Wirtschaftlichkeit der Lagerbuchführung:

  • Lagerumschlaghäufigkeit
  • Durchschnittliche Lagerdauer
  • Lagerzinsen
  • Wareneinsatz

Die Ermittlung der Lagerumschlaghäufigkeit

Mithilfe der Lagerumschlagshäufigkeit kann das Unternehmen für eine bestimmte Zeitperiode – z.B. das Geschäftsjahr – feststellen, wie oft es den gesamten Lagerbestand aufgebraucht und durch neue Waren und Materialien ersetzt hat. Ist die Lagerumschlagshäufigkeit hoch, entstehen dem Unternehmen nur geringe Kapitalbindungskosten. Dieses Ziel erreicht ein Betrieb z.B. durch die Einführung von Just-in-time-Produktionen oder indem es die Bestellzeiträume verkürzt.

Zur Ermittlung der Lagerumschlagshäufigkeit dividiert das Unternehmen den durchschnittlichen Lagerbestand zu Bezugspreisen durch den Wareneinsatz.

Was sagt die durchschnittliche Lagerdauer aus?

Wie lange Waren und Materialien durchschnittlich im Lager verbleiben, ermittelt der Unternehmer mit der durchschnittlichen Lagerdauer. Neben den Verhältnissen auf den Märkten (Absatzmarkt und Beschaffungsmarkt) ist die Kennzahl auch von der Lagerpolitik des Unternehmens abhängig. Sie wird durch Multiplikation des durchschnittlichen Lagerbestandes mit 360 Tagen ermittelt.

Wie berechnen sich Lagerzinsen?

Jeder Lagerplatz kostet das Unternehmen Geld. Die auf dem Lager gehaltenen Waren und Materialien binden Kapital. Hierdurch entgehen dem Unternehmen Zinsgewinne, die es erwirtschaftet hätte, wenn eine andere Anlageform gewählt worden wäre. Wie hoch der Zinsverlust ist, ermittelt das Unternehmen anhand der Lagerzinsen. Bei den Lagerzinsen handelt es sich nicht um Aufwendungen, die dem Unternehmen tatsächlich entstehen. Es sind kalkulatorische Kosten, die das Unternehmen nur zur internen Verrechnung nutzt. Die Lagerzinsen ermitteln sich mit folgender Formel:

Lagerzinsen = (Lagerzinssatz x durchschnittliche Lagerdauer x Einstandspreis) / 100

Die Berechnung des Wareneinsatzes

Der Wareneinsatz gibt an, welche Warenmenge das Unternehmen in einem Geschäftsjahr verbraucht oder an Kunden ausgeliefert hat. Zur Ermittlung des Wareneinsatzes wendet es die folgende Formel an:

Wareneinsatz = Jahresanfangsbestand + Lagerzugang – Jahresendbestand

Zusammenfassung

  • Der durchschnittliche Lagerbestand gibt an, welche Menge an Waren und Materialien sich durchschnittlich auf dem Lager befinden.
  • Da eine lange Lagerzeit mit hohen Kapitalbindungskosten verbunden ist, sollte der durchschnittliche Bestand auf dem Lager möglichst optimal gestaltet werden.
  • Für die Ermittlung der Lagerkennzahl können drei Berechnungsmethoden unterschieden werden.
  • Ermittelt der Unternehmer den Bestand auf Basis der Jahresinventur, wird das Ergebnis aus Jahresanfangsbestand und Jahresendbestand durch zwei geteilt.
  • Bei Berechnung des Lagerbestandes auf Basis der Monatswerte ermittelt der Unternehmer eine Summe aus allen Monatsanfangsbeständen. Diese Summe teilt er durch die Zahl 13.
  • Alternativ können für die Ermittlung der Sicherheitsbestand und die optimale Bestellmenge berücksichtigt werden.
  • Um Liquidität und Wirtschaftlichkeit zu sichern, entwickelt das Unternehmen Maßnahmen, die zur Senkung der durchschnittlichen Lagerbestände beitragen sollen.
  • Neben der Festlegung eines Sicherheitsbestandes lässt sich die Kennzahl auch durch Just-in-time-Produktionen senken.
  • Weitere Lagerkennzahlen sind die Lagerumschlagshäufigkeit, der Wareneinsatz, die Lagerzinsen und die durchschnittliche Lagerdauer.
  • Die Anwendung der Lagerkennzahlen trägt dazu bei, dass ein Unternehmen wirtschaftlich handelt und in keine Liquiditätsengpässe gerät.