Definition: Gewerbesteuerhebesatz

Der Gewerbesteuerhebesatz ist eine prozentuale Größe, die bei der Berechnung der Gewerbesteuer angewendet wird.

Die Gewerbesteuer ist eine Gemeindesteuer. Neben der Grundsteuer zählt sie zu den wichtigsten kommunalen Einnahmequellen. Die regionale Steuerhoheit ermächtigt die Städte, den Hebesatz zur Gewerbesteuer in Eigenregie festzusetzen. Um Wettbewerbsverzerrungen und Steueroasen zu verhindern, wurde den Gemeinden mit einer Änderung des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) im Jahr 2004 auferlegt, einen Hebesatz anzusetzen, der mindestens 200 % beträgt. Eine Obergrenze wurde von dem Gesetzgeber nicht bestimmt.

Mit 319 % wurde der durchschnittlich niedrigste Gewerbesteuerhebesatz in Berlin-Brandenburg festgesetzt. Die höchste Festsetzung pro Bundesland erfolgte in Niedersachsen. Hier beträgt die Grundlage der Berechnung zur Gewerbesteuer im Durchschnitt 469 %. Darüber hinaus wurden in anderen Regionen Hebesätze festgelegt, die weit über 500 % liegen.

Aus Unternehmersicht bildet die Höhe des gewerbesteuerlichen Hebesatzes ein wichtiges Kriterium zur Standortwahl. Weil der Hebesatz eine Einflussgröße bei der Ermittlung der Gewerbesteuer ist, ist dessen Höhe maßgeblich für die Gewerbesteuerzahllast. Die Steuer wird von allen gewerblichen Unternehmen erhoben. Dies betrifft in erster Linie die Kapitalgesellschaften, bei denen sich die gewerbliche Tätigkeit gemäß § 1 Absatz 2 Satz 1 GewStG aus der Rechtsform ergibt.

§ 16 GewStG – Rechtsgrundlage für die Festsetzung des Gewerbesteuerhebesatzes

Die rechtliche Grundlage für den Hebesatz zur Gewerbesteuer bildet § 16 GewStG. § 16 Absatz 1 GewStG bestimmt in Verbindung mit § 4 GewStG, dass diejenige Gemeinde zur Festsetzung des Hebesatzes und zur Erhebung der Steuer berechtigt ist, in dessen Region das Unternehmen seinen Sitz hat oder eine Betriebsstätte unterhält.

Nach § 16 Absatz 2 GewStG ist die Gemeinde ermächtigt, den Hebesatz für ein Kalenderjahr oder für mehrere Kalenderjahre festzusetzen.

§ 16 Absatz 3 GewStG regelt, dass die Festsetzung des Hebesatzes spätestens bis zum 30. Juni des Vorjahres feststehen muss. Überschreitet der Hebesatz nicht die Höhe der letzten Festsetzung, kann die Beschlussfassung auch noch nach dem 30. Juni des vorangegangen Jahres erfolgen.

Beispiel Gewerbesteuerhebesatz

Der Rat der Gemeinde A beschließt am 20. Juni 2019, den Hebesatz zur Gewerbesteuer ab dem 01. Januar 2020 von 400 % auf 375 % zu senken. Da der Beschluss keine erhöhte Festsetzung vorsieht, hätte die Entscheidung auch nach dem 30. Juni fallen können.

Mit § 16 Absatz 4 Satz 1 GewStG hat der Gesetzgeber vorgeschrieben, dass für alle Unternehmen, die auf dem Gebiet der Gemeinde ansässig sind, derselbe Hebesatz gelten muss. Dieser darf nach § 16 Absatz 4 Satz 2 GewStG nicht unter 200 % liegen. Welcher Hebesatz höchstens gelten soll, hat der Gesetzgeber nicht festgelegt.

Die Festlegung des Gewerbesteuerhebesatzes durch die Kommunen

Wie der Bund und die einzelnen Länder sind auch die Gemeinden zur Erhebung von Steuern ermächtigt. Neben der Grundsteuer stellt die Gewerbesteuer den höchsten Anteil der Einnahmen dar.

Der Rat einer Kommune beschließt die Höhe des Hebesatzes und legt den Betrag in der Haushaltssatzung fest. Aufgrund der Ermächtigung aus dem Gewerbesteuergesetz ist die Gemeinde berechtigt, den Faktor zur Ermittlung jährlich anzupassen. Insofern kann der Hebesatz als kommunalpolitisches Instrument genutzt werden.

Beispiel

In der Gemeinde B lag der Hebesatz zur Gewerbesteuer jahrelang bei 450 %. In den letzten zwei Jahr wanderten mehrere gewerbesteuerpflichtigen Betriebe ab. Das festgesetzte Haushaltssoll für die Gewerbesteuer wurde mehrfach unterschritten. In einer Ratssitzung wurde der Vorschlag angenommen, den Hebesatz ab dem kommenden Jahr auf 350 % zu senken, um die Gemeinde für Gewerbebetriebe wieder attraktiv zu machen. Als sich die Lage nach ein paar Jahren wieder entspannt hat, wird der Hebesatz auf 380 % angehoben.

Der Hebesatz zur Gewerbesteuer aus Unternehmenssicht

Für eine GmbH ist die Höhe des Hebesatzes zur Gewerbesteuer ein wichtiges Entscheidungskriterium zur Standortwahl. Neben anderen wichtigen Kriterien – z. B. Absatzmöglichkeiten der Produkte oder Personalanwerbungen – achtet der Geschäftsführer insbesondere darauf, dass der Betrieb nicht zu viel Steuern zahlen muss.

Bevor ab dem Jahr 2004 der Hebesatz auf mindestens 200 % festgelegt wurde, gab es keine entsprechende Regelung. Die nordfriesische Gemeinde Norderfriedrichskoog nutzte diese Gesetzeslücke und setzte den Hebesatz für die gewerbesteuerpflichtigen Unternehmen in ihrem Zuständigkeitsgebiet auf 0 % fest. Die Entscheidung der Kommunalpolitiker hatte zur Folge, dass die Unternehmen, die sich dort ansiedelten, keinen Euro Gewerbesteuer zahlen mussten.

Der Gesetzgeber erkannte das Manko und führte den Mindesthebesatz von 200 % ein. Dies änderte aber nichts daran, dass die Höhe des gewerbesteuerlichen Hebesatzes auch heute noch ein wichtiger Faktor für die Standortwahl ist.

Der Gewerbesteuerhebesatz in den einzelnen Bundesländern

Jede Gemeinde macht von dem Recht Gebrauch, den Hebesatz zur Gewerbesteuer für seine Region individuell festzusetzen. Für ein Unternehmen, das seine Verwaltung in München hat und eine Produktionsstätte in Düsseldorf unterhält, bedeutet dies, dass der Gewinn unterschiedlich besteuert wird. Für die bayerische Landeshauptstadt haben die Kommunalpolitiker einen Hebesatz von 490 % beschlossen. In Düsseldorf liegt dieser bei 440 %.

In weiteren Beispielen werden die unterschiedlichen Hebesätze zur Gewerbesteuer aufgeführt:

  • Berlin 410 %
  • Hamburg 470 %
  • Köln 475 %
  • Biesenthal (Brandenburg): 250 %
  • Aholfing (Bayern): 295 %
  • Kämpfelbach (Baden-Württemberg): 330 %

Abgrenzung: Gewerbesteuerhebesatz und Grundsteuerhebesatz

Neben der Gewerbesteuer ist die Gemeinde berechtigt, Grundsteuer für die Grundstücke zu erheben, die in dem Gemeindegebiet liegen. Bei land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken gilt die Grundsteuer A. Für alle anderen Grundstücke wird die Grundsteuer B erhoben.

Auch bei der Grundsteuer ist die Gemeinde dazu berechtigt, einen Hebesatz festzulegen. Die abweiche Berechnung der Grundsteuer führt dazu, dass für die Festsetzung des Hebesatzes andere Regeln gelten. Die Bandbreite der Grundsteuerhebesätze, die die Gemeinden im Jahr 2019 festgesetzt haben, liegt zwischen null und 1.050 %. Zahlungspflichtig ist der Grundstückseigentümer.

Die Rolle des Hebesatzes bei der Ermittlung der Gewerbesteuer

Der Gewerbesteuerhebesatz wird bei der Ermittlung der Gewerbesteuer herangezogen. Das Schema zur Ermittlung der Gewerbesteuer ist im GewStG manifestiert.

Wer ist gewerbesteuerpflichtig?

Bei einer Kapitalgesellschaft ergibt sich die Gewerbesteuerpflicht kraft Rechtsform. Dies bedeutet, dass eine GmbH auch dann gewerbliche Einkünfte erzielt, wenn ihre Tätigkeit aus einer vermögensverwaltenden oder einer freiberuflichen Tätigkeit besteht.

Darüber hinaus muss jedes Unternehmen, das bei dem Gewerbeamt angemeldet ist, Gewerbesteuer zahlen. Für die Pflicht zur Anmeldung wird eine strikte Trennung der Einkünfte nach den Einkunftsarten des Einkommensteuergesetzes vorgenommen. Erzielt ein Unternehmen gewerbliche Einkünfte im Sinne des § 15 EStG, wird es mit Gewerbesteuer belastet. Abzugrenzen hiervon sind die freien Berufe, die sich aus § 18 EStG ergeben. Hierzu zählen z. B. ein Arzt, ein Rechtsanwalt oder ein Schriftsteller.

Welche anderen Faktoren spielen bei der Ermittlung der Gewerbesteuer eine Rolle?

Die Bemessungsgrundlage für die Höhe der Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag.

Der Gewerbeertrag ist nicht identisch mit dem Gewinn, den ein Gewerbebetrieb erzielt hat. Von dem Gewinn werden einige Positionen abgezogen und andere wieder hinzugerechnet. Die einzelnen Positionen ergeben sich aus den §§ 8 und 9 GewStG. Hierzu gehören z. B. Mietzahlungen oder Auszahlungen an die Gesellschafter.

Handelt es sich bei dem gewerbesteuerpflichtigen Betrieb um ein Einzelunternehmen oder eine Personengesellschaft, wird der ermittelte Gewerbeertrag um den Gewerbesteuerfreibetrag gekürzt. Bei anderen Gewerbebetrieben – z. B. einer GmbH – kommt der Gewerbesteuerfreibetrag nicht zur Anwendung. Gemäß § 11 Satz 1 Nr. 1 GewStG beträgt der die gewerbesteuerliche Befreiung 24.500 Euro.

Auf den steuerpflichtigen Gewerbeertrag wird ein bundeseinheitlicher Steuersatz von 3,5 % angewendet. Als Ergebnis wird der Gewerbesteuermessbetrag ermittelt. Um die endgültige Gewerbesteuer zu ermitteln, wird der Steuermessbetrag mit dem Hebesatz zur Gewerbesteuer multipliziert. Die Summe ist mit der festzusetzenden Gewerbesteuer identisch.

Die Ermittlung der Gewerbesteuer – zwei Berechnungsbeispiele

Die Ermittlung der Gewerbesteuer wird für eine GmbH in München und eine OHG in Biesenthal dargestellt.

Die Ermittlung der Gewerbesteuer bei einer GmbH in München

Der steuerpflichtige Gewerbeertrag der GmbH wurde mit 50.000 Euro ermittelt.

Der Gewerbesteuerfreibetrag des § 11 GewStG findet bei Kapitalgesellschaften keine Anwendung.

Durch Anwendung der Gewerbesteuermesszahl ergibt sich der Steuermeßbetrag:

50.000 Euro x 3,5 % = 1.750 Euro

Der Steuermessbetrag wird mit dem Hebesatz zur Gewerbesteuer multipliziert.

1.750 Euro x 490 % = 8.575 Euro

Die Gewerbesteuerzahlung für die GmbH in München beträgt 8.575 Euro. Geleistete Gewerbesteuer-Vorauszahlungen führen zu einer geringeren Steuerabschlusszahlung.

Die Berechnung der Gewerbesteuer bei einer OHG in Biesenthal

Der Gewerbeertrag der OHG beträgt ebenfalls 50.000 Euro. Da es sich um eine Personengesellschaft handelt, kommt der Freibetrag des § 11 GewStG zur Anwendung.

Der steuerpflichtige Gewerbeertrag der OHG beträgt 25.500 Euro.

Nach Anwendung der Steuermesszahl ergibt sich folgender Steuermessbetrag:

25.500 Euro x 3,5 % = 892,50 Euro

Durch Multiplikation des Steuermessbetrages mit dem Hebesatz zur Gewerbesteuer aus Biesenthal ergibt sich die Höhe der Gewerbesteuer.

892,50 Euro x 250 % = 2.231,25 Euro

Die Gewerbesteuerzahllast der OHG liegt bei 2.231,25 Euro. Hat die OHG Vorauszahlungen geleistet, mindern diese die Steuerschuld.

Zusammenfassung

  • Der Gewerbesteuerhebesatz wird von einer Gemeinde festgesetzt, um die Gewerbesteuer zu ermitteln.
  • Neben der Grundsteuer ist die Gewerbesteuer die bedeutendste kommunale Einnahmequelle. Die Ermächtigung zur Festsetzung des Hebesatzes und zur Erhebung der Steuer bekommt die Gemeinde aus § 16 Absatz 2 GewStG.
  • Der Hebesatz kann für jedes Kalenderjahr neu festgesetzt werden oder für mehrere Jahre gelten. Bei der Festsetzung muss der Rat der Gemeinde darauf achten, dass der Mindesthebesatz von 200 % nicht unterschritten wird. Eine Obergrenze wurde den Kommunen nicht gesetzt.
  • Dadurch, dass jede Kommune den Hebesatz zur Gewerbesteuer in Eigenregie festsetzt, kann es passieren, dass ein Unternehmen mit zwei Standorten in zwei Regionen unterschiedlich hoch mit Gewerbesteuer belastet wird.
  • Der Hebesatz zur Gewerbesteuer grenzt sich von dem Hebesatz zur Grundsteuer ab. Dieser wird ebenfalls von den Gemeinden festgesetzt, um die Grundsteuer für die in dem Gemeindegebiet gelegenen Grundstücke zu berechnen.
  • Mit der Gewerbesteuer werden nur die gewerbesteuerpflichtigen Unternehmen belastet. Wer in einem freien Beruf arbeitet – z. B. ein Arzt oder einer Schriftsteller – unterliegt mit seinen Einkünften nicht der Gewerbesteuer.
  • Neben dem Hebesatz zur Gewerbesteuer beeinflussen noch weitere Faktoren die Steuer.
  • Der Gewerbesteuerertrag ergibt sich, wenn der Gewinn um die Hinzurechnungen und Kürzungen der §§ 8 und 9 GewStG korrigiert wird.
  • Ist der Gewerbebetrieb keine Kapitalgesellschaft, wird der steuerpflichtige Gewerbeertrag durch einen Gewerbesteuerfreibetrag in Höhe von 24.500 Euro gekürzt.
  • Durch Multiplikation mit dem einheitlich festgelegten Steuermesszahl von 3,5 % ergibt sich der Gewerbesteuermessbetrag. Wird hierauf der Hebesatz zur Gewerbesteuer angewendet, steht die Höhe der Steuer fest.