Definition: Lohnfortzahlung

Sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer, die durch einen Krankheitsfall oder nach einem Arbeitsunfall daran gehindert sind, ihre Pflichten aus dem Arbeitsvertrag zu erfüllen, haben Anspruch auf Lohnfortzahlung. Diesen Sachverhalt bezeichnet der Gesetzgeber auch als Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Sie gilt gleichermaßen für Arbeiter, Angestellte und auszubildende Personen.

Die Zahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfall ist gesetzlich geregelt im Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG). Diese Rechtsnorm ist 1994 in Kraft getreten. Hiernach muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt für einen Zeitraum von 42 Tagen weiterzahlen. Zu beachten ist, dass die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sich nach Tagen und nicht nach Wochen bemisst.

Von seinrt Verantwortlichkeit kann er nur entbunden werden, wenn das Arbeitsverhältnis mit dem erkrankten Arbeitnehmer für weniger als vier Wochen bestand oder er seinem Arbeitnehmer ein grob fahrlässiges Verschulden seiner Arbeitsunfähigkeit nachweisen kann.

Für die Durchsetzung des Anspruchs auf die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall muss der Arbeitnehmer einige Pflichten erfüllen. Auf der anderen Seite kann er auch Rechte einfordern.

Was bedeutet die Lohnfortzahlung für den Arbeitnehmer?

Die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist ein zentraler Faktor, um einen Arbeitnehmer im Fall einer Erkrankung oder nach einem Arbeitsunfall finanziell abzusichern. Von dem Anspruch auf die Entgeltfortzahlung profitieren z. B. die folgenden Gruppen:

  • Vollbeschäftigte
  • Teilzeitbeschäftigte
  • Saisonarbeiter
  • Werkstudenten
  • Minijobber

Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Erkrankung länger als vier Wochen bei dem Arbeitgeber beschäftigt ist. Er muss arbeitsunfähig sein. Dies bedeutet, der Arbeitnehmer muss aus tatsächlichen Gründen daran gehindert sein, die arbeitsvertraglichen Pflichten zu erfüllen.

Beispiel 1: Wann gilt ein Arbeitnehmer als arbeitsunfähig?

Ein angestellter Bürosachbearbeiter hatte einen kleinen Unfall, bei dem er sich das Knie geprellt hat. Die Erkrankung hindert ihn aber nicht daran, seine sitzende Tätigkeit im Büro auszuüben. Der Bürosachbearbeiter ist durch seine Erkrankung nicht arbeitsunfähig geworden.

Ein Sportreporter leidet unter plötzlicher Heiserkeit. Hierdurch ist es ihm unmöglich, das bevorstehende Sportereignis zu moderieren. Er ist tatsächlich arbeitsunfähig und hat Anspruch auf Lohnfortzahlung.

Die Pflichten des Arbeitnehmers

Ein Arbeitnehmer, der sich nicht dazu im Stande sieht, seine Arbeit auszuführen, muss den Arbeitgeber unverzüglich über die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer informieren. Dies geschieht z.B. durch einen kurzen Telefonanruf beim Chef oder in der Personalabteilung. Der Arbeitnehmer ist dann in der Regel für diesen Tag entschuldigt. Über die Art der Erkrankung braucht der Arbeitnehmer keine Auskunft zu geben.

Besteht die Erkrankung über diesen Tag hinaus, muss der Arbeitnehmer sich von einem Arzt krankschreiben lassen. Die Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit muss dem Arbeitgeber spätestens am dritten Tag der Erkrankung vorliegen. Dies geht aus § 5 Absatz 1 EntgFG hervor. Fällt dieser Tag auf ein Wochenende, verschiebt sich die Abgabefrist auf den nächsten Werktag. Arbeitsvertraglich kann bestimmt werden, dass die ärztliche Bescheinigung schon am ersten oder zweiten Tag der Erkrankung vorliegen muss. Auch dies ist im § 5 Absatz 1 EntgFG geregelt.

Versäumt der Arbeitnehmer die Frist, verliert er seinen Anspruch auf die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Der Arbeitgeber ist in diesem Fall nicht verpflichtet, die Lohnfortzahlung zu leisten.

Die Rechte des Arbeitnehmers

Ein Arbeitnehmer, der sich krank gemeldet hat oder von seinem Arzt für einen längeren Zeitraum geschrieben wurde, ist nicht verpflichtet, den ganzen Tag im Bett zu liegen. Oberstes Gebot ist aber, dass der Arbeitnehmer alles unternimmt, um den Genesungsprozess voranzutreiben und die Erkrankung nicht zu verschlimmern. Zu unterscheiden ist hierbei zwischen den folgenden Erkrankungen:

  • Erkrankungen körperlicher Art
  • Erkrankungen seelischer Art
  • Erkrankungen, die auf eine Verletzung zurückzuführen sind

Bei einer Erkrankung körperlicher Art (z.B. Grippe oder schwere Erkältung) unterstützt der Arbeitnehmer den Genesungsprozess am besten, wenn er sich zu Hause aufhält. Ein paar Spaziergänge an der frischen Luft führen aber nicht gleich dazu, dass der Arbeitnehmer sein Recht auf die Entgeltfortzahlung verliert. Leidet der Arbeitnehmer dagegen unter einem Burnout, ist es förderlich, wenn er sich sportlich betätigt.

Ein Sonderfall gilt für die Lohnfortzahlung im Zusammenhang mit der Corona-Epidemie. Fährt ein Arbeitnehmer während seines Urlaubs in ein Risikogebiet und muss er sich wegen einer möglichen Ansteckung in Quarantäne begeben, kann er keinen Lohnfortzahlungsanspruch gegen seinen Arbeitgeber geltend machen.

Was bedeutet die Lohnfortzahlung für den Arbeitgeber?

Legt ein Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor, ist der Arbeitgeber verpflichtet, ihm für die Dauer von maximal 42 Tagen sein Gehalt weiterzuzahlen.

Der Arbeitgeber kann sich einen Teil der Entgeltfortzahlung von der Krankenkasse des Arbeitnehmers erstatten lassen, wenn er an dem Umlageverfahren U1 der Krankenkasse teilnimmt und einen Umlagesatz wählt. Außerdem ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, die Umlagebeiträge ordnungsgemäß bei der jeweiligen Krankenkasse anzumelden.

Die Höhe der Erstattung der Arbeitgeberaufwendungen richtet sie nach dem gewählten Umlagesatz. Sie beträgt zwischen 40 % und 80 % des Bruttogehalts, das der Arbeitgeber als Lohnfortzahlung geleistet hat.

Ein Arbeitgeber ist nur zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall verpflichtet, wenn den Arbeitnehmer kein eigenes Verschulden an der Arbeitsunfähigkeit trifft. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) verlangt für diesen Fall, dass bei dem eigenen Verschulden eines Arbeitnehmers nach leichter und grober Fahrlässigkeit unterschieden wird.

Lohnfortzahlung bei grobe Fahrlässigkeit

Der Arbeitgeber kann nach dem Urteil des BAG die Lohnfortzahlung nur verweigern, wenn er dem Arbeitnehmer eine grobe Fahrlässigkeit nachweisen kann. In diesem Fall muss der Arbeitnehmer sich wegen eines möglichen Krankengeldanspruches an seine Krankenkasse wenden.

Beispiel 2: Arbeitsunfähig infolge grober Fahrlässigkeit

Ein angestellter Architekt ist ein begeisterter Skifahrer. Während seines Winterurlaubs fährt er auf einer Strecke, die von der örtlichen Gemeinde als zu gefährlich eingestuft wurde. Die Warnhinweise interessieren den Architekten nicht. Kurz darauf kommt es zu einem Unfall, bei dem der Architekt sich ein Bein bricht. Er wird für mehrere Wochen krankgeschrieben.

Der Arbeitgeber verweigert die Entgeltfortzahlung zu Recht. Weil sein Angestellter die Warnhinweise nicht beachtet hat, handelte er grob fahrlässig. Dadurch verliert er den Anspruch auf Lohnfortzahlung gegenüber seinem Arbeitgeber.

Lohnfortzahlung bei leichter Fahrlässigkeit

Trifft den Arbeitnehmer nur ein geringes Verschulden an der Arbeitsunfähigkeit, kann der Arbeitgeber seiner Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nicht entgehen.

Lohnfortzahlung Berechnung

Maßgeblich für die Berechnung der Lohnfortzahlung ist die im Vertrag vereinbarte Arbeitszeit und das Bruttogehalt, das Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart haben. Zu unterscheiden ist dabei die Entlohnung auf Stundenbasis und der Bezug eines Festgehalts.

Beispiel 3: Berechnung der Entgeltfortzahlung auf Stundenbasis

Ein Maurer erhält einen Stundenlohn von 19 Euro. Er meldet sich für fünf Tage krank. Zur Bestätigung legt er dem Arbeitgeber eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor.

Die regelmäßige Wochenarbeitszeit des Maurers beträgt 40 Stunden. Er hat eine 5-Tage-Woche. Meldet er sich für fünf Tage krank, ermittelt sich die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall wie folgt:

19 Euro x 40 Stunden = 760 Euro

Beispiel 4: Ermittlung der Lohnfortzahlung bei einem Festgehalt

Eine Verkäuferin bekommt ein monatliches Bruttogehalt von 1.400 Euro. Im Monat November (22 Arbeitstage) meldet sie sich für vier Tage krank. Die Entgeltfortzahlung berechnet ihr Arbeitgeber wie folgt:

1.400 Euro / 22 Arbeitstage = 63,63 Euro

63,63 Euro x 4 Tage = 254,52 Euro

Hat ein Arbeitnehmer z.B. während Corona Kurzarbeit angemeldet, hat dies auch Auswirkung auf die Höhe des Arbeitsentgelts. Ein erkrankter Arbeitnehmer kann die Lohnfortzahlung nur in der Höhe des Kurzarbeitergeldes in Anspruch nehmen. Sein regulärer Lohn bildet in diesem Fall keine Basis für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

Welcher Anspruch besteht nach dem Ende der Lohnfortzahlung?

Die Dauer der Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber beträgt nach dem EntgFG maximal 42 Tage. Wird der Arbeitnehmer über diesen Zeitraum hinaus weiter krankgeschrieben, braucht der Arbeitgeber keine weiteren Zahlungen leisten.

Der Arbeitnehmer kann sich an seine Krankenkasse wenden und dort einen Antrag auf Krankengeld stellen.

Zusammenfassung

  • Arbeitnehmer, die erkrankt sind oder einen Arbeitsunfall hatten, haben für die Dauer von 42 Tagen Anspruch auf Lohnfortzahlung.
  • Die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist gesetzlich geregelt im Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) von 1994.
  • Den Anspruch auf Lohnfortzahlung können z.B. Vollbeschäftigte, Teilzeitbeschäftigte und Minijobber geltend machen.
  • Für die Durchsetzung ihrer Forderung müssen Arbeitnehmer ihren Arbeitgeber unverzüglich über die Arbeitsunfähigkeit informieren.
  • Bei einer längeren Erkrankung muss der Arbeitnehmer diese durch ein ärztliches Attest bestätigen lassen.
  • Das EntgFG sieht vor, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dem Arbeitgeber spätestens am dritten Tag der Arbeitsunfähigkeit vorliegen muss. Arbeitsvertraglich kann der Arbeitgeber einen früheren Meldetermin vereinbaren.
  • Der Arbeitnehmer muss alles tun, um den Gesundheitsprozess zu unterstützen. Dabei ist es nicht erforderlich, dass er den ganzen Tag im Bett liegt. Auch sportliche Betätigung oder ein Spaziergang an der frischen Luft sind erlaubt, wenn die Erkrankung hierdurch gestoppt werden kann.
  • Zu beachten ist, dass ein Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung hat, wenn er in seinem Urlaub in einem Risikogebiet war und sich wegen einer möglichen Ansteckung mit Corona in Quarantäne begeben muss.
  • Der Arbeitgeber kann sich einen Teil der Entgeltfortzahlung von der Krankenkasse des Arbeitnehmers erstatten lassen. Voraussetzung ist, dass er an dem U1-Umlageverfahren der Krankenkasse teilnimmt.
  • Von der Verpflichtung zur Zahlung kann der Arbeitgeber befreit werden, wenn er dem Arbeitnehmer ein grob fahrlässiges Verhalten nachweisen kann. Handelt der Arbeitnehmer leicht fahrlässig, bleibt sein Anspruch bestehen.
  • Die Berechnung der Lohnfortzahlung richtet sich nach dem Gehalt des Arbeitnehmers oder den geleisteten Stunden.
  • Besteht die Erkrankung nach der 42-Tage-Frist weiter, kann der Arbeitnehmer gegen seine Krankenkasse einen Anspruch auf Krankengeld durchsetzen.