Definition: Kontrahierungszwang

Der Kontrahierungszwang oder Abschlusszwang verpflichtet in geregelten Fällen bestimmte Dienstleister zu einem Vertragsabschluss. Dies steht im Gegensatz zu der Abschlussfreiheit, die aus der deutschen Privatautonomie, einem Resultat der Idee des Liberalismus, resultiert.

Gesetzliche Freiheit, Verträge abzuschließen

Im Allgemeinen herrscht in Deutschland die Privatautonomie. Diese erlaubt es jedem Dienstleister, Verträge mit beliebigen Vertragspartnern zu schließen. So ist es beispielsweise legal, wenn ein Restaurantbesitzer einen Kunden nicht bedienen will.

Auf dieses Prinzip des eigenständigen Vertragsabschlusses können generell alle Dienstleister zurückgreifen, sofern nicht zuvor ein Vorvertrag abgeschlossen wurde, welcher zu einer nachfolgenden Vertragsschließung verpflichtet. Doch eine Reihe gesonderter Regelungen bindet bestimmte Dienstleister an den Kontrahierungszwang.

Gesetzliche Verpflichtung, Verträge abzuschließen

Der Kontrahierungszwang wurde eingeführt, um jedem deutschen Bürger gewisse Lebensstandards zuzusichern. So sind beispielsweise gesetzliche Krankenkassen in jedem Fall verpflichtet, jeden Versicherungsanwärter in ihre Versicherung aufzunehmen.

Ähnlich ist jede Apotheke verpflichtet, den Kunden innerhalb eines einsichtigen Zeitraumes mit ärztlich verschriebenen Produkten zu beliefern. Auch Verkehrsbetriebe unterliegen dem Kontrahierungszwang; sie sind verpflichtet, jeden Bürger, der die rechtlichen Grundlagen erfüllt, also die erhobenen Tarife nachweislich aufgebracht hat, zu befördern.

Auf Basis des Erneuerbare Energien Gesetztes (EEG) sind Netzanbieter vertraglich dazu verpflichtet, den Strom zu den rechtlich festgelegten Vergütungssätzen abzugeben.
Zum Erhalt der Pressefreiheit sind alle Pressegrossisten dazu verpflichtet, sämtliche Verkaufsstellen auszustatten. Weitere Dienstleister, die dem Kontrahierungszwang unterliegen, beinhalten die Deutsche Post AG, Sparkassen sowie die Kfz-Haftpflichtversicherer

Besondere Ausnahmefälle

Der Kontrahierungszwang dient der Gewährleistung der Stillung bestimmter Grundbedürfnisse. So sollen Alter, Geschlecht, Herkunft, sexuelle Orientierung oder Gesundheitszustand nicht verhindern dürfen, die öffentlichen Verkehrsmittel zu gebrauchen. Zusätzlich werden durch Einzelfälle wie das EEG bestimmte politische Ziele anvisiert.

Es gibt weitere Einzelfälle, in denen der Kontrahierungszwang in Kraft treten kann. In solchen Fällen handelt es sich meist um einen mittelbaren Kontrahierungszwang: Monopole oder marktbeherrschende Unternehmen dürfen nach dem Kartellrecht keine Vertragsabschlüsse ablehnen, wenn dabei das Diskriminierungsverbot verletzt wird.

Zusammenfassung

  • steht im Gegensatz zur Privatautonomie
  • verpflichtet gesetzlich bestimmte Dienstleister zum Vertragsabschluss